Helfen trotz Lockdown – Harambee in Coronazeiten

Auch in Kenia gibt es seit Mitte März den gleichen Lockdown wie überall auf der Welt.
Und in einem Dritte Welt Land leiden Menschen natürlich ungleich mehr darunter. Man kann nicht einfach mal den Wasserhahn aufdrehen, im Supermarkt einkaufen, schon gar nicht auf Vorrat. Bis zu 10 Personen leben oft in einem Raum, keine Toiletten, keine Kanalisation.

Vor allem aber – der oft einzige Ort, an dem Kinder sich entfalten und ihr Elend vergessen können, die Schulen, mussten ebenfalls schließen.

Auch als Hilfsorganisation ist solch eine Situation natürlich schwierig. Aber – hier ist Kreativität gefragt. Einfach abwarten und sagen, kann man halt gerade nichts machen, wäre die schlechteste aller Lösungen.

Wie alle Schulen wussten wir ungefähr eine Woche vorher – alle müssen nach Hause. Und wir haben sofort angefangen, darüber nachzudenken, was tun wir, wie verhalten wir uns, was können wir leisten. Und gleich mal damit begonnen, Hände waschen zu trainieren, Maske tragen, Abstandsregeln an Kinder und Eltern. Und alle bekamen Seife mit nach Hause.

Mit WIR meine ich vor allem alle Mitarbeiter vor Ort, ein wirklich starkes Team.
Von allen Paten und Sponsoren bekamen wir den Rückhalt, fast niemand hat auf Grund Corona seine Patenschaft zurück gelegt, also konnten wir handeln.

Zwei Herausforderungen waren es vor allem:

1. Wenn alles zum Erliegen kommt, niemand arbeiten kann (80% sind Tagelöhner), wird es Hunger geben.

2. Wie schaffen wir zumindest für die Abschlussklassen, also die Abitur/Maturaklasse und Klasse 8 der Primary einen Unterricht, damit die Kinder dann, wenn alles wieder hochgefahren wird, die Prüfungen bestehen.

Punkt 1 hieß für uns, wir versuchen, an alle Familien Essenspakete zu verteilen. Da wir das auch in der Vergangenheit immer mal wieder gemacht hatten, wir haben in den letzten 14 Jahren ja schon oft Krisen gemeistert, haben wir da inzwischen eine gewissen Routine. Diesmal eben mit Polizei, einer Krankenschwester, die gleich Fieber gemessen hat, Desinfektionslösung, Abstand halten. Dazu gab es Spenden und das Geld, das normalerweise fürs Schulessen verwendet wird, kam dazu. Dadurch konnten wir insgesamt an 403 Familien Pakete mit Grundnahrungsmitteln im Wert von jeweils 50 Euro verteilen, insgesamt also über 20.000 Euro .

Punkt 2 war schon etwas schwieriger. Zuerst haben wir Bücher ausgegeben und Hausaufgaben in die Familien geschickt. Dann der Versuch, einen Radiosender zu mieten und mehrmals pro Woche Lektionen in den Äther zu schicken. Dazu mussten wir vorher Radios ausgeben, kleine runde Teile, in die man einen USB-Stick stecken kann und sie dann wie Lautsprecher verwenden. Daher die Idee, wir verzichten auf den teuren Radiosender, die Lehrer sprechen täglich ihre Lektionen auf einen USB-Stick, den teilen wir an die Familien aus und die Kinder erarbeiten sich die Lektion daheim. Inzwischen nicht nur die Prüfungsklassen sondern nahezu alle Kinder in unserer Schule, also fast 600.

Zusätzlich haben wir das Glück, dass eins unserer „dormitories“, also Schlafsäle für die Internatsschüler, außerhalb des Schulgrundstückes steht (also benutzt werden darf) und groß genug ist, zwei getrennte Räume. Hier werden die Maturanten/Abiturienten „in echt“ unterrichtet, kleine Gruppen, ausreichend Abstand.

Ein weiterer Punkt – während der gesamten Zeit gingen die schwersten Regenfälle nieder, die Kenia bislang erlebt hat. Also gehörte zu den Aufgaben auch – warme Kleidung ausgeben.

Wir konnten die Zeit aber auch nutzen, unser Landwirtschaftsprojekt endlich richtig zu starten. Dies soll später dazu dienen, Gemüse fürs Schulessen selbst anzubauen, Familien kleine Parzellen zur Verfügung zu stellen und sie anzuleiten und eine Art Trainingslager zu werden für Menschen, die leider vollkommen verlernt haben, sinnvoll Lebensmittel anzubauen, vielleicht sogar nicht nur für die eigene Familie sondern auch für den Markt.

Wir besuchen auch in dieser Krise regelmäßig unsere Familien, erkundigen uns, was gebraucht wird, was sind die größten Herausforderungen.

Und – es geht natürlich in einer Zeit des Stillstandes auch darum, bestehende Gebäude und Strukturen nicht „vergammeln“ zu lassen. In einem Klima wie in Kenia muss ständig repariert werden, sonst verfallen Gebäude innerhalb von wenigen Monaten. Da wir Handwerker nicht als Tagelöhner beschäftigen, sondern eine Kerntruppe sozusagen ständig, ist auch dies möglich.

Ja, wir haben sogar in dieser schwierigen Zeit ein neues Gebäude in Angriff genommen.

Warum all das möglich war?

– Weil unsere Paten und Spender uns nicht im Stich gelassen haben

– Weil wir in Kenia ein selbständig arbeitendes sehr kreatives Team haben

– Weil wir niemanden unserer über 60 Mitarbeiter in Kenia entlassen haben, alle sind
beschäftigt, bekommen ihr Gehalt und sind hochmotiviert

– Weil wir schon vor Corona nicht „nur“ eine Schule betrieben haben, sondern unser Credo immer war – schulische Leistung funktioniert nur, wenn man auch außerhalb der Schule in den Familien Rahmenbedingungen schafft

– Weil wir schon vor Jahren die Eltern ins Boot geholt haben und dadurch zuhause
Unterstützung bekommen

– Weil wir einen hervorragenden Draht aufgebaut haben zu allen Behörden, wir rasch
Informationen erhalten und maximale Unterstützung bei der Umsetzung von Projekten.

Danke an alle Helfer, es ist noch nicht vorbei, aber – wir haben viele Menschen in diesen schwierigen Zeiten nicht nur maximal unterstützt, sondern wir haben ihnen Hoffnung und Lebensmut gegeben.

Und – wir sind vorbereitet, wenn es wieder losgeht und können alles innerhalb eines Tages wieder hochfahren.

Danke dafür an alle Helfer und Spender, bitte nicht nachlassen, wir brauchen auch weiter Unterstützung um sinnvoll agieren zu können.

Gabriela Vonwald

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