Es ist wieder soweit. Wir müssen in Kenia unsere Buchhaltung legen. Und wer sich jetzt denkt, ja schon klar, afrikanisch eben – weit gefehlt.

Von so viel guter und intensiver (und leider auch teurer) Kontrolle, können wir in Europa noch lernen. Und es wundert mich auch nicht, dass immer wieder große Organisationen sogar gesperrt werden (derzeit kämpft angeblich gerade eine ganz große internationale). Und mit der Neuregulierung aller Charity-Arbeit wird dies nochmals etwas schwieriger.

Zunächst einmal, es gibt zwei Formen, wie man sich in Kenia registrieren kann.

Einmal auf kleiner lokaler Ebene als CBO – Community Based Organisation.

Auf dieser Eben und Größe darf man 1 Millionen Keniaschilling Umsatz pro Jahr nicht überschreiten (das sind ca 7.500 Euro), nur dann ist es auf County-Ebene geregelt und man braucht keine kostspielige Finanzgebahrung. Alle aus dem Ausland gespeisten Organisationen, egal wie groß oder klein, übersteigen dies natürlich um ein Vielfaches. Und nein, man kann es auch nicht einfach einer Privatperson zuschreiben. Sobald die nämlich plötzlich über mehr als eine Million verfügt, kommt – oft verspätet aber sie kommen, die Bank und meldet es an die entsprechende Stelle. Und dann muss die arme Person Steuern zahlen von einem Geld, das sie ja gar nicht bekommen hat.

Also besser gleich eine NGO gründen (die heißt jetzt neu PBO). Auf alle Voraussetzungen will ich nicht näher eingehen, ein wenig wie bei uns eine Vereinsgründung, es braucht Obmann und Schriftführer mindestens und beide müssen einen akademischen Grad haben, also mindestens Bachelor. Man wählt einen Namen, meldet es beim NGO-Board in Nairobi an und kann ab sofort nicht mehr machen was man will. Selbst der Wechsel der Bank muss ab sofort genehmigt werden.

Damit will ich euch nicht langweilen, mir geht es heute um die finanzielle Überprüfung.

Die muss von einem unabhängigen aber gelisteten und anerkannten Wirtschaftsprüfer erfolgen, ist sehr teuer und man darf, um keine Korruption zu befeuern, nur maximal zwei hintereinander folgende Jahre den gleichen nehmen. Dann erst wieder nach fünf Jahren.

Die Kosten der Überprüfung richten sich nach den Einnahmen, und die waren ja im Vorjahr gewaltig.

Überprüft wird nicht nur am Papier, sondern auch vor Ort. Existiert das Gebäude oder das Grundstück, das da aufgezählt wurde? Welches Essen bekommen die Kinder, wieviele Lehrer sind tatsächlich angestellt, usw. (Unser Kassier Eric hat das kommentiert mit – so streng wie Mama Gabi uns prüft schafft ihr das nie).

Es ist auch nicht erlaubt, am Jahresende mehr als 15% Rücklagen zu bilden – das Geld soll so verwendet werden wie angegeben und nicht gehortet.

Und am 25. März muss es dann in Nairobi sein.

Bisher haben wir es seit nunmehr 14 Jahren nicht nur geschafft sondern mit Glanz und Gloria geschafft. Letztes Mal kamen ein paar Herrschaften und meinten – erstaunlich, es ist wirklich alles so wie angegeben.

Und auch darauf können wir richtig stolz sein.

 

 

 

Kenia ist ein Land der Wettbewerbe und das schon von ganz klein auf. Und immer im ersten Trimester beginnen alle Schulen, sich auf so viele dieser Wettbewerbe vorzubereiten wie nur irgendwie möglich. Alle wollen dabei sein und sich messen.

Zunächst muss man dazu wissen, dass schon immer, mehr aber noch mit dem kompletten Neubau des Schulsystems, Sport und Kunst (Performing Arts) einen sehr sehr hohen Stellenwert in Kenia haben. Es gilt, Talente zu entdecken und diese auch zu fördern. Eine gute Schule identifiziert sich hier auch über die Pokale, die sie in der einen oder anderen Sportart, in kulturellem Tanz oder Theater, in Vers rezitieren oder Trommeln erreicht. Und Sport ist in allen Köpfen, egal ob Mädchen oder Buben, auch Erwachsene machen irgendeinen Sport. Unsere Mitarbeiter nutzen unseren Basketballplatz am Abend nach der Arbeit, jetzt unseren Pool, machen untereinander Wettbewerbe, selbst wenn alle am nächsten Tag Muskelkater haben.

Und das beginnt schon bei den Allerkleinsten, 4 und 5 Jahre alt.

Man macht zur Vorbereitung das ganze Jahr über einfach Freundschaftsspiele, dann geht es los.

Voraussetzung ist immer, dass sich die Schule am Beginn des Schuljahres registriert. Hierzu muss der Verantwortliche für Sport und Spiel (ganz allgemein heißt die Gesamtheit von allem schlicht und einfach „games“) beim Ministerium antanzen und für alle Kinder zahlen. Nein, nicht nur für die, die teilnehmen. Auch für solche, die lieber lesend in der Bibliothek sitzen. Natürlich kommt man nicht nachzählen, ob wir nun 680 oder 640 registrieren, so ungefähr hat man die Population ja im Blick, es gibt ja ständig Inspektionen. Außerdem sind wir gute Zahler, kommen pünktlich, feilschen nicht herum, betrügen nicht, fragen nicht um Ratenzahlung. Schon das reißt uns ein Loch ins Budget, denn das kostet uns allein mal schnell 4000 Euro. (Wir haben natürlich alle Kinder aus beiden Schulen registriert)

Dann geht es los.

Man beginnt mal ganz harmlos im Bezirk (Ward – das wäre bei uns Kibaoni), wobei vom Vorjahr platzierte Schulen das auslassen dürfen und gleich auf Subcounty-Ebene beginnen. Heißt bei uns – Kilifi Nord, die ersten und zweiten kommen weiter auf County-Ebene, also gesamt Kilifi County. Von dort gehen die Besten auf Regional, heißt bei uns, die gesamte Küste. (Mich frisst übrigens der Neid, dass ich da nicht vor Ort bin, es findet diesmal in Lamu statt). Und dann – National.

Was mir hier unglaublich gefällt ist nicht nur, mit welchem Eifer Kinder und Trainer dabei sind, sondern auch, wie ernst das die ganze Schule nimmt. WIR gewinnen oder verlieren, nicht einzelne Kinder. Die Kinder bringen den Pokal für alle mit. Und wenn sie zurück kommen werden sie gefeiert, es wird getanzt und gesungen, großes Fest. Und schon die Kleinsten (hier ist die Wertung ein wenig anders, es werden aus insgesamt 5 Bewerben einzeln die besten ausgewählt und es endet bei County) werden als kleine Helden gefeiert.

Und jemand, der vielleicht in Mathe nicht so glänzt, gleicht das für sich durch Basketball aus oder weil er/sie im Chor ist oder bei den Pfandfindern. Und nein, wir machen nicht bei allem mit, konzentrieren uns jedes Jahr auf die Bewerbe, wo wir ausreichend und gute Schüler haben und wo wir auch gute Trainer engagieren können. Dieses Jahr lassen wir zum Beispiel Theater aus.

Ich weiß, dass ja in Europa der Trend dahin geht (oder nein, nicht Europa, Deutschland vor allem) diesen Wettbewerbsgedanken abzuschaffen, es würde ein Kind zu sehr verletzen, wenn es nicht gewinnt. Oder so ähnlich.

Und ja, was hier anders ist, es gibt kein – ein Team wählen, wir denken hier bei uns an Völkerball und klein und dick bleibt übrig, und auch keine verpflichtende Sportart die alle machen müssen. Außer Schwimmen als Lifeskill, aber nach drei Jahren das Seepferdchen schaffen, fein, reicht. Die Teams, von denen ich rede, suchen sich ihren Sport aus und nur den oder maximal ein zweites Hobby wird betrieben. In Basketball gibt es also nur solche, die Basketball lieben, freiwillig dabei sind und alle entsprechend gut.

Ich hab diese europäische Angst hier diskutiert mit Lehrern, Eltern, Kindern. Vielen Kindern, auch solchen, die in keinem Bewerb sind, die einfach nur lesen wollen oder häkeln. Alle, wirklich alle, haben mit vollkommenem Unverständnis reagiert. Warum soll es keine Gewinner und Verlierer geben, es geht doch nur um diese Sportart oder diese Aktivität. Es sind doch keine Verlierer als Menschen.

Ich hab erklärt, dass man bei uns denkt, es würde etwas mit Kindern machen, wenn sie sehen und erleben würden, dass andere einen Pokal bekommen und sie nicht.

Und dann hat mir ein Kind etwas gesagt, da musste ich fast weinen ob solcher Weisheit.

„Erzieht ihr eure Kinder denn nicht dazu, dass sie stolz sind auf sich, egal was sie tun?“

Einfach zum Nachdenken.

Harambee oder Gapeka, wie wir in Kenia heißen, ist ja schon lange viel mehr als nur Schule. Es gibt zwei eigene Schulen, wo wir Schulerhalter sind, also auch alle Gehälter zahlen müssen, es gibt zwei Hybrid/Partnerschulen, wo wir einen bestimmten Betrag monatlich überweisen, damit die Schule mit diesem Geld kalkulieren und wachsen kann, ebenfalls über Patenschaften.

Daneben haben wir immer schon Augenmerk gelegt auf das Thema Landwirtschaft, wirtschaftliches Empowerment unserer Eltern und Gemeindemitglieder, Erste Hilfe in Form von Essenspaketen, Kleidung, Decken, es gibt einzelne kleine Projekte (oder auch größere) für die sich einzelne Paten verantwortlich fühlen, beispielsweise die Essensverteilung an „meiner“ Kirche einmal im Monat an Bedürftige, die komplett von meinem Mann finanziert wird. Oder jetzt das große Projekt Landwirtschaft in Langobaya, das sich unsere liebe Sarah ein wenig zu ihrem Fußabdruck erkoren hat.

Wir haben als Gapeka schon öffentliche Toiletten gebaut, Wasserleitungen verlegt, Wassertanks aufgestellt oder Hütten gebaut.

Das alles versteht man sicher, und wo immer es irgendwo fehlt, wo es sich dann doch nicht ausgeht, da springe ich ganz oft mit eigenem Geld ein.

Und dann gibt es noch – sicher manchmal verwirrend – so Dinge, die ich praktisch als Privatperson unterstütze. Zumindest tue ich das immer solange, bis ich weiß, ja, das wird was, da versenke ich kein Geld, das sollten wir fortsetzen. Dann bringe ich es manchmal vor den Vorhang, rede mehr darüber und lasse alle anderen teilhaben, in der Hoffnung, dass sich vielleicht andere finden, die dies gemeinsam mit mir zu „ihrem“ Fußabdruck machen.

Warum so herum und nicht gleich groß und öffentlich?

Ich möchte erst einmal ausloten, ob die Hilfe die richtige ist. Und – ich möchte vermeiden, dass Menschen, denn das ist leider manchmal der Charakter, von einer Blume zur nächsten fliegen, weil das jetzt gerade noch schöner klingt. Ich möchte vor allem auch vermeiden, dass Geld in unserer Basisarbeit dann fehlt. Also man unterstützt ein Projekt, den Schulausflug vom eigenen Patenkind kann man aber nicht zahlen. Oder die teurer werdende Schulgebühr.

Daher bleibt vieles offiziell einfach mal „mein Privatvergnügen“.

Angefangen hat es mit meinen Geburtstagskindern. Statt einer Party hier, statt Geschenken, schicke ich seit Jahren immer 20 Kinder, die nicht unserem Projekt angehören, Kinder aus sehr armen Randgebieten, für ein Jahr in die Schule. Heißt – Schuluniform, Schuhe, Schultasche, Hefte und ein Jahr die Schulgebühr. Keine Patenschaften, keine Finanzierung bis zum Ende der Schulzeit, kein Datenblatt und nur ein Jahr als Hoffnung für die Eltern, ihr wurdet nicht übersehen, nehmt es als Beginn von etwas, danach seid ihr gefragt.Und an Silvester, meinem Geburtstag, gibt es Torte und alle feiern mich.

Dann kam Rabai. Hier habe ich 2019 angefangen mit einer kleinen Vorschule, weil unserer damaliger CEO mir in den Ohren lag, so eine arme Gegend, so liebe Menschen, diese Vorschule ist so unbedingt notwendig, weil es sonst nichts gibt usw. Leider war vieles gelogen. Erstens gibt es überhaupt keinen Bedarf für diese Schule, es gibt in Gehdistanz drei gute öffentliche Schulen, zweitens war es ein Familienprojekt und es profitierten auch nur Familienmitglieder des damaligen CEO, ob es nun Gehälter waren oder die Tatsache, dass nur Kinder aus dem Großfamilienverband bevorzugt wurden. Noch während ich nachgedacht habe, wie man es anders machen könnte, grätschte ein deutscher Verein hinein und erhält bis heute mit Hilfe einer mafiösen Struktur genannt Huamwenga eine unglaubliche Korruption am Leben. Aber, es gibt rund 800 Familien, die leiden, die wirklich arm sind, die nichts dafür können und die mir ans Herz gewachsen sind.

Also kam 2023 dann das neue Konzept, ich zahle euch 800 Euro monatlich, ihr entscheidet demokratisch in der Gemeinde, welche Familie kommt diesen Monat dran, das Ziel, alle Familien können zumindest ein Kind zur Schule schicken. Auch hier, mein Geld, keine Patenschaften, keine unendliche Hilfe, sondern eine Initialzündung, ich transportiere sozusagen Hoffnung. Und es läuft so erstaunlich gut, dass ich hier mit Sicherheit weiter mache, vielleicht möchte ja jemand da draußen mit mir Rabai unterstützen.

Dann vor einem Jahr, Besuch im „Rescue Center“ in Kilifi, geleitet und aufgebaut von einem sehr charismatischen Mann, Mr. William. Hier finden Kinder, die per Gerichtsbeschluss kurzfristig untergebracht werden müssen, Gewalt in der Familie ist meistens der Grund, für bis zu 6 Monaten ein Zuhause. Manchmal findet man auch Säuglinge, die ausgesetzt wurden, Kinder, wo die Familienverhältnisse unklar sind, viele berührende Geschichten. Auch William bekommt von mir 800 Euro monatlich, eigentlich würde die Aktion jetzt im Februar auslaufen, aber ich hab  mal ein Jahr drangehängt. Auch hier – falls sich jemand angesprochen fühlt und hier seinen Fußabdruck der Menschlichkeit hinterlassen mag, sehr gern.

Und jetzt, ganz neu seit Weihnachten, 2 Familien, die mir unser Landwirtschafts-Officer David ans Herz gelegt hatte. Darüber hatte ich ja im letzten Blog geschrieben, „Friends For Friends“. Ich hab mich spontan beteiligt, sie haben sich jetzt umbenannt in „Friends of Gabriela“. Wir haben jetzt mal viele der Kinder aus beiden Familien in die Schule geschickt, mit einer Sammlung entsteht für die eine Familie eine neue Hütte, der Vater bekam medizinische Hilfe und eine Brille, der anderen Familie, gesegnet mit zwei Kindern mit Mikroenzephalie, haben wir den noch fehlenden Rest auf ein eigenes Grundstück gezahlt und hier werden wir helfen, ein kleines Landwirtschaftsprojekt ins Leben zu rufen, damit diese überaus sympathische Familie sich selbst versorgen kann – Wassertank, Saatgut, Unterricht. Auch hier kann man helfen, ich komme in Kürze mit konkreten Wünschen. Und hier werden Davids Freunde, die jetzt meine sind, ein engmaschiges Monitoring betreiben, Elternerziehung, Hygiene, tut etwas und überlasst euch nicht nur eurem Schicksal.

Alle diese Eigenmächtigkeiten mache ich, weil ich nicht wegschauen kann, weil ich aber Spendengelder zunächst einmal schützen möchte, bis ich weiß, ja, falls es schief geht, ist es nur mein Geld. Und weil ich auf keinen Fall Hilfe einfach verschieben will. Das Wichtigste von Harambee sind die beiden Vonwald-Schulen. Aber ich schaue gern über den Tellerrand, und falls jemand sagt, das wäre genau meins – herzlich Willkommen, es gibt immer genug zu tun.

Gabriela Vonwald

 

Immer wieder werde ich gefragt, warum denn unbedingt Schuluniformen, warum haben alle Mädchen die gleiche Frisur, warum lässt man keine Individualität zu. Viele Eltern können sich die Schuluniform doch gar nicht leisten, warum besteht ihr darauf?

Nun, zunächst einmal, nicht wir bestehen darauf, es ist staatliche Vorschrift. Das Unterrichtsministerium gibt uns die Vorlage – Schuluniform ist Pflicht und wir müssen angeben, welche Art, welche Farben, welches Design. Innerhalb einer Region wird dies dann kein zweites Mal erlaubt. Ihr erinnert euch, als wir unsere zweite Schule in Tezo registrieren ließen, wurde uns vorgegeben, gleich Uniform wie die erste. Kinder müssen sozusagen auf der Strasse erkennbar und einer Schule zu zu ordnen sein.

Man kennt aber Schuluniformen nicht nur aus Kenia. Auch in England gibt es das und sicher auch noch in vielen anderen Ländern.

Der Sinn dahinter soll sein – niemand hebt sich auf Grund seiner Kleidung hervor. Gerade in Ländern mit erheblichen Ungleichheiten im Einkommen ist dies wirklich wichtig. Manche Kinder kommen sonst barfuß und im zerrissenen T-Shirt, andere im gelabelten Sweater. Wenigstens in der Schule sollen diese Unterschiede verschwinden und sich ausgleichen.

Ebenso die Frisuren bei den Mädchen. Wir haben in den ersten Jahren alles erlaubt und hatten dann nach einer Weile völlig absurde Situationen. Manche der Mädchen hatten wahre Kunstwerke am Kopf, was auch wieder viel Geld kostet, andere kamen kahl rasiert. Manchmal kamen Kinder nicht in die Schule, weil die Frisur noch nicht fertig war. Oder sie konnten auf Grund irgendwelcher Kunstwerke am Sportunterricht nicht teilnehmen.

Daher gilt bei uns jetzt wie in allen staatlichen Schulen auch – alle Mädchen gleiche Frisur (man nennt diese eng an den Kopf geflochtenen Zöpfe auch shikamos), wir sind hier nicht am Laufsteg. Bei Haaren kommt noch der Hygieneaspekt dazu, denn Wasser ist Mangelware, Haare waschen daher Luxus. Man kann sich vorstellen, was da in einer Gemeinschaft in Kürze so entstehen würde.

Soweit so gut. Und nein, jetzt einem Patenkind kleine Geschenke zu machen, wird das Gefüge nicht gleich ins Rutschen bringen. Vor allem, wenn es nützliche Dinge sind wie eine neue Schuluniform, Schuhe, Hefte, Schultasche, ein Bett, Essenspakete. Selbst ein Fahrrad geht noch durch, denn damit kann man auch schon mal Wasser transportieren oder Lebensmittel, Feuerholz oder die kranke kleine Schwester.

Aber jetzt haben wir mit der Erlaubnis – ja, wir schicken wieder Sammelpakete nach Kenia – eine Tür geöffnet, die das ganze Gerüst ins Wanken bringt. Da kommen plötzlich Geschenke zum Vorschein, die hier bei uns wahrscheinlich unsere Kinder nicht vom Hocker reißen, die aber in Kenia schnell dazu führen können, dass wir genau das erzeugen, was all die Schuluniformen und Frisuren zu vermeiden suchen – ein Kind ist plötzlich „besonders“. Kann sein, dass bei uns ein T-Shirt oder eine Packung Buntstifte „wenig“ ist, nicht der Rede wert. In Kenia ist es vollkommen ausreichend. Einmal im Jahr, nicht ständig. Wobei ich Kleidung immer befürworte, Unterwäsche, T-Shirts, Sweater, Regenjacken – wunderbar.

Aber wir müssen uns doch fragen – ist es wirklich notwendig, chinesischen Plastikmüll auch noch in ein Dritte Welt Land zu schicken? Kennt ein Kind das, was wir da schicken überhaupt? Kommt es in seiner Welt vor? Und könnte man es nicht viel preiswerter in Kenia kaufen? Bälle gibt es beispielsweise an jedem Kiosk in allen Farben.

Ja, ich tue auch viel für meine Patenkinder. Ich bezahle meinen beiden Buben Victor und Vincent beispielsweise die Miete für einen Raum, sauber, trocken, in dem sie mit ihrer Oma leben können, nachdem ich sie unter einer Plane vorgezogen habe. Ich bezahle meiner Sophia, die dieses Jahr maturiert, Nachhilfestunden in Mathe. Immer wieder mal allen neue Schuhe. Warme Decken, ein bestimmtes Buch fürs Studium. Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten, Klassenfahrten, Ausflüge. Und ja, gern auch den Kleineren mal ein Auto oder ein Stofftier. Eins, nicht eine ganze Wagenladung.

Und noch ein Aspekt kommt dazu, wenn wir Spielsachen schicken, die man so in der Community nicht kennt. In einem Land, indem noch alle an Hexenzauber und den bösen Blick glauben, kann das schnell in Ächtung eines Kindes übergehen. Wir hatten vor Jahren mal den Fall, da bekam eins unserer Mädchen eine Schneekugel geschenkt. Die plötzlich alle für Teufelszeug hielten. Wir mussten das Mädchen dreimal Schule wechseln lassen, weil überall bereits der Ruf voraus ging. Wegen einer Schneekugel. Okay, das hat sich in unseren beiden Schulen inzwischen geändert. Aber es bleibt dennoch so, ein Kind, das plötzlich mit Geschenken überhäuft wird, steht abseits oder erkauft sich mit dem plötzlichen Reichtum Freundschaften.

Wollen wir das?

Immer wieder frage ich um Spenden. Für sinnvolle Dinge. Alle Kinder brauchen ständig Extras für die Schule, wie eben Ausflüge. Wenn ich nun noch zweimal Porto – vom Paten zu uns, von uns nach Kenia – plus Zoll dazu rechne – da könnte man bald locker für ein weiteres Kind die Patenschaft übernehmen oder für das eine Kind ansparen fürs Studium.

Helft mir bitte weiterhin sinnvoll zu arbeiten.

Gabriela Vonwald

 

Manchmal werde ich gefragt, was ich mir denn am meisten wünschen würde für Kenia. Und meine Antwort mag erstaunen, aber ich würde mir wünschen, dass Menschen wie ich nicht mehr notwendig wären. Dass es überhaupt keine ausländischen Organisationen brauchen würde, damit Menschen gut leben können oder ihnen geholfen wird.

Und immer wieder – neben einer guten Ausbildung und Job-Möglichkeiten – versuche ich, meine Kollegen und Freunde vor Ort, unser Team und unsere Mitarbeiter zu motivieren, Hilfe in Kenia zu organisieren, an Türen zu klopfen, Spenden zu sammeln, die nicht vom Ausland kommen.

Und jetzt bekomme ich heute zwei Weihnachtsgeschichten auf den Tisch, die unterschiedlicher nicht sein können, die aber als Kern Hilfe zur Selbsthilfe sind.

Ich habe heute erfahren, dass unser Landwirtschafts-Officer David mit einer Gruppe junger Leute, alles seine Freunde und teilweise schon seit der Schule eine Gemeinschaft, einen „Club“ gegründet hat, „Friends for Friends“. Er hatte erfahren, wie vielen seiner ehemaligen Klassenkameraden es schlecht geht, vor allem, wie viele einfach abgewandert sind und ihre alten Eltern oder Großeltern allein zurück gelassen haben. Später – und er sagt, mein ständiger Satz, „Hilfe beginnt mit hinschauen“ habe ihm die Augen geöffnet – sah er das Elend auch einfach bei seinen Nachbarn. Jedenfalls versuchen diese jungen Menschen seit drei Jahren immer um Weihnachten herum, Kleidung und Essen zu jeweils 10 Familien zu bringen. Mit eigenem kleinen Geld, still und leise, nichts an die große Glocke, ich selbst wusste davon nichts.

Und warum weiß ich es heute?

Weil er mir Fotos von zwei Familien geschickt hat, Nachbarn, tiefstes Elend. (Die Fotos seht ihr hier) Und gefragt hat, ob ich ihm helfen würde zu helfen. Natürlich tue ich das. Sie sind auch meine Nachbarn. Ich warte auf die Hintergrundstories und welche Hilfe ist die beste, wie immer – einmal Soforthilfe, einmal für die Verbesserung der Gesamtsituation und der Zukunft.

Und parallel dazu bekomme ich noch dieses heute, Nachricht von einem unserer Studenten, Athman. Der junge Mann ist seit seiner frühen Kindheit bei uns, hat Matura gemacht, nie der Allerklügste oder Bemühteste, aber immer glücklich, zufrieden mit allem, pflegeleicht, würde man sagen. Nach der Matura College, Diplom in Bauwesen, irgendwas in der Art, dann ein Jahr lang Job gesucht. Und hier zeigte sich, wo andere aufgeben, nicht so Athman. Er blieb dran, ließ sich nicht entmutigen, immer freundlich, immer bemüht. Im Juni hatte er sich bei einer Baufirma in Nairobi beworben, wurde gecastet und bekam im Oktober den Job, inzwischen ist die Probezeit vorbei, er darf bleiben und mehr noch, man ist total zufrieden und glücklich und die Firma hat uns wissen lassen, wenn wir mehr so tolle junge Menschen hätten, her damit.

Was beide Geschichten gemeinsam haben? Die Saat geht auf. Und das ist wohl das schönste, was ich mir zu Weihnachten überhaupt wünschen kann.

Gabriela Vonwald

 

Gerade haben wir einen kleinen Film aus Kenia bekommen (zu sehen auf unserer offenen Facebook-Seite „Harambee“) mit Ausschnitten von Familienbesuchen. Vielleicht auch, weil sich das Jahr dem Ende zuneigt, hat mich das sofort zurückversetzt in so viele Szenen, die ich bei solchen Besuchen mittlerweile erleben durfte. Ich denke, für die Patinnen und Paten der Kinder, die besucht werden, ist das immer ein besonderes Highlight, wenn sie durch Fotos und Berichte „ihr“ Kind, seine Familie und die Lebensumstände etwas näher kennenlernen können. Ja, manchmal wird es dann „teuer“, weil z.B. ein Bett gebraucht wird, oder schlimmer noch, das Dach repariert oder gar eine Hütte neu gebaut werden muss. Aber alle können sich auch darauf verlassen – wir sammeln Spenden und im Zweifelsfall springt Gabriela Vonwald persönlich ein und finanziert alles Nötige.

Dass die Probleme der Familien überhaupt entdeckt werden, dass wir überhaupt die Möglichkeit bekommen, ihnen zu helfen, das verdanken wir zum größten Teil ihrem Einsatz. Nun habe ich ja seit einiger Zeit das große Glück, noch näher dran zu sein, ich war mittlerweile fünfmal vor Ort und durfte auch selbst schon Familien zuhause besuchen. Einige Male mit Gabi gemeinsam, einige Male auch „alleine“, also gemeinsam mit einer unserer Sozialarbeiterinnen und einem Fotografen. Mittlerweile habe ich etwas Übung, ich kenne den Ablauf, ich bin auf einiges gefasst. Ich versuche, mit ebenso wachsamen Augen von einer Hütte zur nächsten zu gehen, wie Gabi das tut. Ich versuche, dort hinzusehen, wo es sonst niemand macht. Ich versuche, die Schicksale zu begreifen und zugleich in Lösungen zu denken, wie Gabi das tut. Nun, immerhin versuche ich es.

Und es erscheint mir so selbstverständlich, weil Familienbesuche das Herzstück unserer Hilfe sind. Ja, heute gibt es zwei großartige Schulen, wunderbare Partnerschulen, Landwirtschaft, tolle Gebäude, … aber die unmittelbarste, allernötigste Hilfe ist die direkt in den Familien. Heute bei diesem Video ist mir dennoch richtig bewusst geworden, wie ungewöhnlich es ist, dass Gabi auch nach vielen Jahren bei jedem ihrer Aufenthalte vor Ort Familienbesuche macht. Nicht nur, weil Mitarbeiter, Vorstände – geschweige denn Gründer – anderer Hilfsorganisationen lieber in gut klimatisierten Büros oder Hotels herumsitzen, als in die Familien zu gehen, die in ihren Projekten „betreut“ werden. Ungewöhnlich auch nicht nur deshalb, weil Gabi 67 Jahre alt ist und Familienbesuche in Hitze, Staub und Dreck ein absoluter Knochenjob sind. Ungewöhnlich vor allem deshalb, WIE Gabi Familienbesuche macht.

Das sage nicht nur ich, sondern auch die Menschen vor Ort – Mama Karembo ist die Einzige, die wirklich zu uns kommt und zuhört. Das finden auch alle aus dem kenianischen Team, die schon einmal bei Familienbesuchen dabei waren. Nicht lange zu zögern, sondern einfach tun, in die Hütten gehen, Menschen umarmen, ihnen vertrauensvoll Hilfe anbieten und gleichzeitig liebevoll-streng ins Gewissen zu reden – das macht nur Mama Gabi. Und ganz besonders: Menschen in die Augen zu schauen. „Sie sieht uns wirklich“, das erstaunt alle am meisten. Ich kenne diesen Blick, kombiniert mit einer simplen Frage, bei dem man sich ganz plötzlich wie ein offenes Buch fühlt, und zugleich weiß, dass man Gabi Vonwald vertrauen kann. Ich kann nur sagen, diesen Moment vergisst man nicht.

In ein paar Wochen reisen gleich mehrere unserer Paten nach Kenia, auch sie wollen gern mit Gabi Familienbesuche machen. Vor meiner ersten Reise nach Kenia hat mir genau das am meisten Kopfzerbrechen gemacht. Klar war ich neugierig, aber auch sehr unsicher, wie es mir damit gehen würde. Würde ich das verkraften? Würde ich danach Albträume haben? In Tränen ausbrechen? Aber ich dachte, nun, wenn sie es mir zeigen will, dann nehme ich dieses Angebot natürlich an. Mittlerweile weiß ich ja, dass jede/r, der mit Gabi vor Ort ist und sich engagieren will, mal ins kalte Wasser geworfen wird. Nach dem Motto: Wie robust bist du, hältst du das aus?

Nun, offenbar bin ich robust genug, ich halte es nicht nur aus, sondern empfinde es als Ehre und Segen, das tun zu können. Dass Familien uns ihre Türe öffnen, mich in ihre Leben blicken und helfen lassen, macht mich sehr dankbar. Meine Tränen bei Familienbesuchen beschränken sich übrigens auf Freudentränen. Dann grinst unser Michael, der (nach seinem Vater Mr. Karani) Gabi schon von allen am längsten in die Familien begleitet, mich immer an und nickt wissend. Ja, gerade wurde wieder ein Problem gelöst, ein Schicksal gewendet, ein Leben gerettet. Gabi lässt das so einfach aussehen, aber es berührt mich sehr.

Ich werde meine ersten Familienbesuche nie vergessen. Einer der Buben, Joseph, ist mittlerweile „meiner“, weil er irgendwann danach seine Patin verloren hat und ich einfach nicht anders konnte. Wenn man bei jemandem zuhause war, und dieser Mensch braucht dann Hilfe – wie könnte man ihm diese Hilfe verwehren?

Sarah Eidler

 

Nichts erfüllt mich mehr mit Stolz, als wenn wieder einige unserer jungen Menschen „fertig“ geworden sind. Nicht nur fertig mit der Schule – bisher haben wir in 6 Jahrgängen rund 240 Maturanten und Maturantinnen aus unserer Schule entlassen, junge Menschen, die teilweise schon seit dem Kindergarten bei uns waren, also seit 14 Schuljahren. Daneben gibt es rund 140 Studenten und Studentinnen an diversen Universitäten, Colleges und Berufsschulen und weitere 46 starten 2025 und ungefähr genau so viele beenden ihre Studien.

Aber so richtig endet unsere Hilfe ja immer erst, wenn jemand sein Zertifikat, sein Diplom, seinen Bachelor in den Händen hält. Und oft nicht einmal dann, denn danach helfen wir Lebenslauf schreiben, Anstellung suchen. Und das beginnt schon während des Studiums, denn jeder Student muss verpflichtend ein 3-monatiges Praktikum machen, was ich sehr begrüße, denn oft erwächst daraus später eine Anstellung. Und hier nutzen wir unsere Kontakte. Gerade wieder haben wir für einen jungen Mann, der Kriminologie, Forensik und Sicherheit in Gemeinden studiert, eine Praktikumsstelle im örtlichen Gefängnis besorgt. Dort haben wir drei Jahre lang geholfen mit Spenden für die einsitzenden Mütter, und ja, eine Hand wäscht die andere und das fordern wir zunehmend auch ein.

Viele Praktikumsplätze gibt es in unseren 4 Schulen oder auch in der Special Unit Klasse. Wer mal Lehrer werden will, der ist gut aufgehoben, in den Klassen zu helfen, eine zukünftige Krankenschwester vermitteln wir in unser Partnerspital. Und auch einfach mal Hand anlegen auf unseren Baustellen tut nicht weh und man kann sich in den Ferien ein Taschengeld verdienen.

Und ganz oft übernehmen wir nach der Ausbildung auch einige dieser jungen Menschen zu uns und in unsere Gehaltsliste. Zum Beispiel haben wir bereis zwei selbst produzierte Lehrer und sogar unser Schulleiter ist ein Produkt unserer Hilfe.

Unsere Arbeit ist erst getan, wenn sich jemand selbst erhalten kann, ein Einkommen heimbringt.

Nein, noch haben wir keine ganz große Welle an fertigen Berufen. Aber auch die bisher rund 50 ausgebildeten jungen Menschen machen einen Unterschied. Durch ein Einkommen, vor allem aber auch dadurch, dass sie in ihren Familien, in ihren Gemeinden ein Vorbild sind, vor allem für die jüngeren. Ja, du kannst es schaffen, es ist nicht dein Schicksal, arm und ungebildet zu bleiben. Hoffnung, die sich multipliziert.

Und das Größte ist am Ende dann immer die Graduation-Feier in den jeweiligen Bildungseinrichtungen. Manchmal muss man da quer durchs Land fahren, zurück zur ehemaligen Uni. Solche Graduation finden einmal im Jahr statt, das heißt, manchmal ist jemand schon monatelang „fertig“, aber es gibt eben das Papier noch nicht. So ging es gerade unserer Caroline. Im März fertig studiert mit dem Studium „Wildlife Research“ , Praktikum gemacht, jetzt endlich der große Tag. Nur – viele können es sich gar nicht leisten, wirklich dabei zu sein. Wer soll die Fahrt bezahlen, die Übernachtung, etwas Nettes zum Anziehen. Und wenn schon, dann ist man allein, Eltern auch noch mitzunehmen, übersteigt alle finanziellen Mittel. Wo immer es mir möglich ist, versuche ich es daher. Bei Caroline gab es Fahrkarten für zwei Personen, Übernachtung für zwei, Kleidung für zwei, sodass die Mama am großen Tag der Tochter dabei sein konnte.

Und was mich immer wieder fasziniert – alle wollen irgendwann weiter lernen. Vom Diplom zum Bachelor, vom Bachelor zum Master. Ganz viele bewerben sich um Auslandsstipendien, um ihren Doktor zu machen, etwas, das ich so von Österreich gar nicht kenne.

Gleich nach der Graduation schrieb mir Caroline – „through your support in my studies I have become the lady I always envisioned. My learning does not stop here, one step at a time, but I will be a professor one day.“

Heute haben unsere Mitarbeiter/innen im Subcounty Rabai an 100 sehr bedürftige Familien Essenspakete verteilt, weil wir befürchtet haben, dass dort über Weihnachten viele nahe an der Grenze des Verhungerns sein würden. Wir haben ja in den letzten Wochen an alle Familien in unserem Projekt und alle Mitarbeiter schon große Weihnachtspakete verteilt. Rabai gehört eigentlich gar nicht zu uns, diese Familien haben keine Kinder in unseren Schulen, warum also dort auch?

Um es zu erklären, muss ich ein wenig ausholen, manche kennen ja die Geschichte und man könnte sagen, Rabai und die Menschen dort liegen mir persönlich am Herzen, auch ganz ohne dass ich dort eine Schule baue.

Ich habe die Region und die Menschen 2021 kennen gelernt, damals ging es darum, eine kleine Vorschule zu betreiben, es war unserem damaligen CEO in Kenia ein Anliegen, heute weiß ich auch warum. Also habe ich mich zwei Jahre lang bemüht, Strukturen zu schaffen, Kindern zu helfen, und ja, statt Tezo hätte es vielleicht auch irgendwann mal dort eine zweite Schule sein können. Leider hab ich nach knapp zwei Jahren gemerkt, dass viel Geld merkwürdig abfließt, sich einige, die alle zur Familie unseres damaligen CEOs gehören, die Taschen füllen, nie ganz viel, immer nur so, dass man genau hinschauen musste. Und dann hab ich bemerkt, allen denen da geholfen wird, gehören im Grunde zu einer einzigen Großfamilie, mit vielleicht 10 Alibikindern dazu. Ich hab die damalige Hilfe sofort eingestellt und andere Angebote gemacht, die mehr Menschen zugute kommen würden, die auch wesentlich besser kontrollierbar sein würden. Es wurde abgelehnt, denn inzwischen war ein deutscher Verein hineingegrätscht, bei dem man wieder auf Zuwendungen hoffte und der leider meinen Rat abgelehnt hat.

Und eigentlich war damals Ende 2022 meine Meinung – okay, dann war es das eben. Ist ja nicht so, dass ich nicht genug zu tun hätte und es nicht genug Baustellen geben würde.

Aber wir reden hier von Menschen, von einer riesengroßen Gemeinde, die, wie ich nach und nach erfuhr, unter diesem Familienclan zu leiden hatte. Es gibt bereits an die 1000 Unterschriften, aus der Gegend zu verschwinden, es gibt Demonstrationen und Petitionen, aber solange man Korruption durch Geldflüsse am Leben hält – es gibt bei Korruption immer zwei Schuldige. Die einfachen Menschen  wollten und brauchten Hilfe, sie haben Abordnungen geschickt, mich über Whatsapp immer wieder angebettelt, bitte komm zurück und hilf uns, wir können doch nichts dafür. Wir versuchen alles, um dieser Korruption ein Ende zu machen, diese nicht registrierte Pseudoschule zu schließen, aber bitte hilf uns.

Also hab ich vor einigen Monaten angefangen, immer nur mit meinem privaten Geld, immer mit strenger Kontrolle. Und siehe da, ohne diesen korrupten Haufen funktionierte es wunderbar. Was immer die Gemeinde und die Führungskräfte, Dorfältesten jetzt weiter unternehmen, und sie kämpfen, um den korrupten Verein zu vertreiben, nicht mein Kampf, ich hab mit der Gemeinde, mit den Menschen, einen „Vertrag“:

Sie bekommen von mir rund 800 Euro monatlich, damit schicken wir Kinder in die Schule und statten sie aus. Wir bezahlen für jeweils ein Kind pro Familie Schuluniform, Schuhe, Schultasche, Bücher und ein Jahr die Schulgebühren. Wir zahlen direkt an die Schule, also keine Umwege und Geld durch viele Hände. Die Gemeinde entscheidet demokratisch, welche Familien diesen Monat dran sind. Über 100 sind es schon, denen wir helfen konnten. Mal zum Nachrechnen, so ein Start in einer öffentlichen Schule und ein Jahr Gebühren kostet pro Kind 75 Euro.

Ich kann aber auch nicht die Augen zumachen, wenn ich weiß – es herrscht Not. Und es kommen verzweifelte Rufe.

Daher gab es eben heute Essen. Nicht so große Pakete wie für die Familien in unserem Projekt, das ging sich einfach am Ende eines solch intensiven Jahres nicht mehr aus. Aber pro Familie ein Bale (das sind 24kg) Maismehl, 3 Kilo Bohnen, 2 Kilo Zucker und 2 Liter Speisefett. Die Rettung. Und man muss sagen, je weiter man ins Hinterland kommt, weg von der Stadt Kilifi, umso größer die Not, umso dankbarer die Menschen. Ein schönes Gefühl, dass sich da heute bereits  100 Familien einmal richtig sattessen können.

Gabriela Vonwald

 

 

Ein paar Jahre zurück habe ich in Langobaya, das ist ungefähr 40 Minuten von uns entfernt Richtung Malindi, Land gekauft, recht viel Land, noch nicht wissend, was wir damit jemals machen werden. Es gab aber damals eine Aktion, wo sozusagen Grundstücke verschleudert wurden, und so hab ich mit meinem privatem Geld, aber wie immer dem Projekt überschrieben, 8 Acre Land gekauft. Das sind ungefähr 32.000 Quadratmeter. Das Land grenzt an einen kleinen Fluss, sehr idyllisch, und dann – hab ich es einfach vergessen.

Bis vor ein paar Monaten. 

Was machen wir damit? Sollen wir es verkaufen? Alles oder nur einen Teil? Derzeit ist ein Acre soviel Wert wie damals alles zusammen, also ein gutes Geschäft. Andererseits, könnten wir es für irgendwas brauchen? Wenigstens einen Teil?

Nun, unser David, zuständig für alles rund um das Thema Landwirtschaft und „Empowerment“ unserer Eltern, ist sofort aufgesprungen. Es wäre einfach großartig, wenn wir hier Landwirtschaft im großen Stil treiben könnten, mit Eltern, die sich damit ein Leben aufbauen, mit Überschuss für die Schulküche, mit der Versorgung anderer Mütter, die kleine Kioske für Gemüse haben usw.

Denn das Gute ist eben – wir wären hier nicht von Regen abhängig, es würde nur eine guten Pumpe brauchen und man könnte das Wasser zur Bewässerung einfach aus dem Fluss nehmen.

Mein Einwand, dass es zu weit ist, um es ständig zu überwachen, dass uns die Ernte gestohlen würde, bevor wir auch nur reagieren könnten, wurde damit beantwortet, dass wir eine Hütte bauen, dass immer abwechselnd Woche für Woche andere, die am Projekt teilnehmen, dort leben, dass die Community informiert wird, die Polizei usw. Und dass wir es doch mal mit 2 acre versuchen könnten.

David hat also eine Kalkulation gemacht, meine Bedingung war, ich möchte die Ernsthaftigkeit unserer Eltern, die dabei sein wollen, bewiesen haben, indem jeder auch was in den Topf zahlt und indem alle mal roden und das Land vorbereiten.

Und jetzt ist es soweit.

Wir haben eine Pumpe angeschafft, Solar betrieben, Pipelines gelegt, das Grundstück ist gerodet, eine Hütte wurde gebaut und die Familien wechseln sich ab. Alle wurden vorher eingehend von David geschult.

Nächste Woche wird gepflanzt und gesät.

Wenn man Menschen Fisch gibt, haben sie wenige Tage zu essen, wenn man sie lehrt zu fischen, haben sie lange etwas. Aber – sie brauchen auch ein Netz, vielleicht auch ein Boot. Und daher – um Landwirtschaft wirklich zu betreiben, kann man Menschen nicht nur mit einer Gießkanne losschicken.

Hier mal einige Fotos dazu und ich bin sehr sehr gespannt.

Gabriela Vonwald

Wenn man Kinder in Kenia fragt, ob sie froh seien, dass bald Ferien sind, sieht man – ihre Gefühle sind durchaus gemischt. Natürlich, nicht stillsitzen, nicht lernen, draußen Fußball spielen, das ist toll. Es heißt aber auch, kein Schulessen. In der ersten Woche ist das ja noch fein, aber dann klopft an jede Tür der Hunger.

Ganz besonders gilt das in den langen Ferien im November und Dezember, wenn alle Schulen behördlich geschlossen sind. Genau in diese Phase fällt auch das Weihnachtsfest. Jede Familie versucht ihr Möglichstes, damit sich zumindest zu Weihnachten alle einmal richtig sattessen können. Das wissen natürlich auch die Händler, weshalb knapp vor Weihnachten die Preise für Lebensmittel durch die Decke gehen. Und das Geld, einfach auf Vorrat zu kaufen, das hat kaum jemand. Außerdem gibt es keine Kühlschränke und Weihnachten fällt in die Hitzeperiode.

Und während man im Supermarkt bei uns schon jetzt im August die ersten Lebkuchen findet, bereiten wir deshalb auch in Kenia unsere alljährlichen Weihnachts-Essenspakete vor. Durch die hohe Inflation wird das mit jedem Jahr schwieriger und nur, wenn wir frühzeitig zu einem günstigen Preis bestellen und uns viele Menschen helfen, können wir diese Weihnachtsfreude finanziell stemmen. Für Kinder, deren einziges Essen an vielen Tagen eben das in der Schule ist… man will nicht weiterdenken.

Für viele Menschen nur ein oder zwei Generationen vor uns war Weihnachten auch – sich einmal richtig sattessen, sich etwas gönnen. Man denke nur an Peter Roseggers Weihnachtsgeschichte „Als ich Christtagsfreude holen ging“. In Kenia herrscht noch heute rund um dieses Fest die größte Not. Wir haben ca. 750 Familien im Projekt bei 1.200 Kindern und werden jeder Familie ein Essenspaket schenken, das sie ungefähr einen Monat über diese Zeit bringt.

Enthalten sind 24 Kilo Maismehl, das Grundnahrungsmittel in Kenia, einige Kilo Weizenmehl, 25 kg Reis, den alle unsere Kinder ganz besonders lieben. Außerdem als Eiweißquelle Bohnen, dann noch Salz, Zucker, Tee und Speiseöl.

Solch ein Paket kostet umgerechnet 50 Euro, also weniger als ein Wochenendeinkauf bei uns. Oder anders gesagt: Wer sinnvoll schenken möchte, kann das mit einem solchen Weihnachtspaket gleich doppelt tun. Eine Familie in Kenia beschenken UND vielleicht einen lieben Menschen hier mit einem Foto von der Übergabe des Essenspakets. Denn allen, die spenden wollen, bieten wir an, dass die Familie auf Wunsch ein Schild hält mit dem Namen des Spenders oder auch „von Oma Erna“, „von Familie Huber“, von…

Vielleicht ja von Ihnen? Spenden kann man direkt aufs Konto oder per Paypal an spenden@harambee.at. Ihren Wunschnamen bitte an office@harambee.at senden, das Foto kommt definitiv rechtzeitig vor Weihnachten an. Dazu benötigen wir aber das Geld bis Ende September auf dem Konto und auch Ihre Email dazu. Und wenn Sie dann mit Ihren Lieben feiern, haben Sie das gute Gefühl, dass sich auch am anderen Ende der Welt Menschen satt essen können.