Ganz oft werden wir von Harambee gefragt, was macht denn eine Patenschaft bei euch anders, besonders? Warum bei euch und nicht woanders?

Nun, erstens einmal – wenn wirklich geholfen wird, dann natürlich auch gern woanders. Ich persönlich denke, es gibt soviel Leid auf der Welt, wer da helfen will, es gibt genug zu tun. Und es gibt überall viele engagierte Menschen, die mit viel Herzblut dabei sind, übrigens sicher auch in großen Organisationen. Wettbewerb unter Hilfsorganisationen sollte es eigentlich nicht geben.

Wogegen ich etwas habe ist, wenn hier bei uns den Menschen, die im guten Glauben geben, Geld genommen und irgendwo verschwendet wird. Und Verschwendung fängt bei mir offenbar wesentlich früher an als bei vielen in dieser Branche.

Viiieeel früher. Und da ich sowieso leicht verrückt bin, fängt helfen auch für mich immer damit an – wieviel spendet denn die Person, die da mein Geld will, selbst?

Wer mit Geld helfen mag, der sollte sich selbst einfach zuerst fragen – wieviel Nähe wünsche ich mir, wieviele Berichte, Kontakte, dabei sein. Wenn es nur um steuerliche Abschreibung geht, dann ist alles gleich gut oder schlecht. Wenn ich aber – und jetzt kommen wir zum Thema Patenschaft – einem bestimmten Kind helfen mag, vielleicht sogar mit mehr als nur einem immer gleich bleibenden Beitrag, wenn ich hier dieser Familie ein Bett kaufen möchte, ein Dach reparieren. Wenn ich von diesem einen Kind Fotos möchte, Briefe, Kontakt. Wenn ich heute sagen möchte, ich bin nächste Woche in Kenia und würde gern mein Kind besuchen. Wenn ich später mit diesem einen Kind, wenn es denn studiert und erwachsen ist, per WhatsApp Nachrichten austauschen möchte, wenn ich also ein Leben über Jahre mitverfolgen möchte – da sind große Organisationen einfach ungeeignet. Und im Übrigen auch ganz viele Kleine.

Für den persönlichen und geförderten Kontakt, für das Mitleben, braucht es nämlich eine Infrastruktur vor Ort. Menschen, die dieses eine Kind ebenfalls kennen und lieben und begleiten, Menschen, die wissen, was sich Paten wünschen. Große Organisationen können es nicht leisten, weil es dieses eine Kind für diesen einen Paten gar nicht gibt, kleine können es oft nicht leisten, weil sie zu wenig Helfende vor Ort haben, die auf der einen Seite ihre Familien gut kennen, dort ein und aus gehen können, auf der anderen Seite aber auch über Know How und Technik verfügen, dies auch zu dokumentieren und täglich frisch nach Europa zu senden.

Harambee schafft diesen Spagat. Nicht, weil wir so viel besser und intelligenter wären, sondern weil ich persönlich das über Jahre eintrainiert habe, immer und immer wieder. Weil wir Menschen direkt vor Ort haben, die ganz genau wissen, was ich selbst und alle Paten brauchen, zeitnah, am gleichen Tag. Weil wir 4 gute Kameras zur Verfügung haben mit dafür trainierten Menschen, weil wir hier auf der anderen Seite wieder Menschen sitzen haben, die die Infos aus Kenia rasch verarbeiten.

Und weil ich selbst dreimal im Jahr für fast einen Monat vor Ort bin.

Daher können wir garantieren – soviel Kontaktmöglichkeiten, so viele Infos, so viel Mitleben wie bei uns, ich denke, das findet man nur selten. Und da bin ich auch durchaus eingebildet. Dazu immer wieder auch Einblicke in die kenianische Kultur, Wirtschaft, Politik, Alltag. Warum? Weil es inzwischen meine Kultur geworden ist, ich stolz darauf bin und ich es immer gern teile. Wissen vergrößert sich, wenn man es teilt.

Und was es ebenfalls noch anders macht bei uns – im Patenbeitrag ist nicht nur die komplette Schule enthalten, es gibt Essen, es gibt eine Krankenversicherung, es gibt modernen Unterricht, es gibt „Erziehung“ der Eltern, es gibt für jedes Kind die Begleitung bis es einen Beruf fertig gelernt hat und auf eigenen Füßen stehen kann. Erst dann, ist es ein Erfolg.

Gabriela Vonwald

 

 

 

Ich bin erschöpft!

Und der Grund heißt „Pubertät“. Denn ganz offenbar sind die Auswirkungen dieser Lebensphase in jedem Land der Welt die gleichen, und ja, das ist anstrengend. Zumal in meinem Fall dazu kommt – man muss es am Ende aus der Ferne managen. Und ich sitze zwischen zwei Stühlen. Oder sogar noch mehr Stühlen. Da sind einmal die Kinder, denen man helfen möchte, auch wenn einige es einem schwer machen. Da sind aber auch die Lehrer und das gesamte Personal, die sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen können. Und da sind die Sponsoren, jeder einzelne möchte das beste für das „eigene“ Kind, dennoch bin ich auch verpflichtet, sorgsam mit dem Patengeld umzugehen. Und nur Schule als nettes Hotel zu betrachten, das ist nicht der Sinn der Sache.

Ich habe ja schon ganz oft darüber diskutiert, wer braucht eher Hilfe in einem Dritte-Welt-Land, Mädchen oder Buben. Und ich weiß, die gesamte westliche Welt hat sich auf Mädchen geeinigt.

Als ich angefangen habe, dachte ich das auch, war die typische Mädchen-Mama und einige aus der Anfangszeit werden jetzt langsam fertig oder studieren erfolgversprechend. Aber es war mühsam. Heute habe ich mich zur Buben-Mama gewandelt.

Mein Credo – ganz ohne Pubertät – wenn wir die Buben vernachlässigen, vor allem die älteren, die nicht mehr niedlich sind, werden daraus ganz leicht gewaltbereite, aggressive Männer. Arbeitslos, ganz oft Drogen und Alkohol, und ja, die finden sich eine Frau. Aber diesen Frauen geht es nicht gut. Gut ausgebildete Männer dagegen, und ich habe in 18 Jahren viele davon gesehen, behandeln ihre Frauen gut, zeugen nicht Mengen von Kindern und schicken diese auch zur Schule.

Was aber für mich als Schulleiterin dazu kommt – in der Pubertät sind Mädchen einfach um vieles schwieriger als Buben und reißen manchmal ganze Klassen mit. So wie jetzt gerade. Eigentlich wollen sie nicht lernen, sie wollen sowieso heiraten und Kinder, der Mann soll dann arbeiten, wieso sollen sie sich in Chemie plagen oder in Mathe. Sie haben Menstruationsprobleme, Kopfschmerzen, Kreislauf, fühlen sich müde und überhaupt, es ist heiß oder es regnet. Nicht übertrieben. Und dann kommt bei den Mädchen noch eines dazu – Witchcraft – Hexenzauber.

Eine nicht geschaffte Prüfung liegt natürlich nicht daran, dass man zu wenig gelernt hat. Nein, irgendwer hat sie verhext, weil sie so hübsch ist, hübscher als die Banknachbarin, die wars.

Heute hatten wir 14 Mädchen aus Form 2 (also zweite Klasse Highschool) denen allen gleichzeitig schlecht wurde und schwindlig. Es kam ein Team vom Spital angerückt, macht natürlich ein tolles Bild im Ort, vielleicht ja doch eine Krankheit, Lebensmittelvergiftung. Komisch nur, heute sind Schularbeiten. Dann von allen, sie wurden verhext.

An manchen Tagen bin ich ganz dicht davor, alles in eine reine Bubenschule umzuwandeln. Auch Pubertät, Raufereien, schlechte Noten, aber dann geht man Basketball spielen zusammen und gut ist. Keinerlei Hexenzauber.

Am Freitag bin ich schon vor Ort, da gibt es Ansprache.

Die 14 Mädchen von heute haben wir übrigens zur Erholung heimgeschickt, Vor dem Mittagessen, kocht euch zuhause was. Das hilft dann meistens.

Gabriela Vonwald

 

Meine Enkelin hat am Sonntag 14. Geburtstag und wünscht sich eine bestimmte Sorte Sportschuhe. Kosten ein Vermögen, ich erkenne ehrlich gesagt nicht den Unterschied zu allen anderen Firmen, aber es soll so sein, bekommt sie. Halte ich immer noch für besser als das neueste Computerspiel.

Bei unseren Kindern in Kenia stehen auch oft Schuhe auf dem Wunschzettel, nur haben sie hier eine ganze andere Bedeutung. Ein Paar Schuhe, also richtige, aus Leder, feste für die Schule, macht einen Unterschied. Es zeigt auch nach außen – schaut her, ich gehe in die Schule. Und ich gehe nicht barfuß, ich habe Schuhe. Ich bin Jahrgang 1957 und erinnere mich an die Erzählungen meiner Eltern und Großeltern, dass dies bei uns vor gar nicht so langer Zeit genauso war.

Schuhe in Kenia

Diese Schuhe für die Schule, die eigentlich integrierender Bestandteil der erforderlichen Schuluniform sind, sind kaum leistbar für die meisten Eltern. Aber zum Schuleintritt versucht man es, nimmt die billigeren aus Plastik, stoppelt es irgendwie zusammen. Aber jeder, der Kinder hat, weiß – nichts wächst so schnell wie Kinderfüße. So dass dann die mühsam finanzierten Schuhe nach manchmal zwei Monaten bereits zu klein sind. Bei denen aus Plastik kann man dann auch nur noch wegwerfen. Zur Erinnerung, unsere Kinder gehen zu Fuß, werden nicht mit Auto oder Schulbus gebracht, keine asphaltierten Strassen, Staub, Sand, Regen, Matsch. Selbst die Lederschuhe halten kaum länger als ein Jahr, sonst würden wir sie jüngeren Kindern geben. Schuhe schenken

Schuhe stehen also immer wieder auf der Wunschliste, auch wenn das für Paten, die gern „was Besonderes“ schenken wollen, manchmal vielleicht langweilig, frustrierend, nicht so schön ist. Für die Kinder machen gute Schuhe einen gewaltigen Unterschied, heben ihre Stellung in der Gesellschaft, zeigen ihnen, du bist wichtig genug, dass dir jemand sowas schenkt. Und in sofern ist es nicht anders als bei meiner Enkelin.

In der Secondary sind gute Schuhe übrigens noch mehr Pflicht. In jedem Kindergarten oder Unterstufe werden Lehrer alle Augen zudrücken, wenn ein Kind barfuß kommt. Jeder hier weiß, ist halt so, Hauptsache das Kind kommt überhaupt. Nicht so in der Highschool – keine Schuhe, ab nach Hause. Das war übrigens vor 16 Jahren meine erste Begegnung mit unserem Michael, der fast wirklich mein Sohn ist. Er kam zu einer Besprechung mit seinem Vater, meinem guten Freund Mr. Karani, 14 Jahre alt, eigentlich sollte er in der Schule sein. Aber, Schuhe passten nicht mehr, kein Geld. Ich hab ihm Schuhe geschenkt, und bis heute sagt er, das war der wohl prägendste Eindruck seiner Jugend.

Gerade haben Sarah und ich übrigens wieder 4 Paar geschenkte Fussballschuhe verpackt, also die richtigen, die sich in Kenia kein Kind einfach so leisten könnte. Schuhe sind einfach das Besondere und daher, davon können wir nie genug haben.

Gabriela Vonwald

 

 

Heute früh am Morgen kam unser Klavier in der Schule an. Aus Nairobi, die ganze Nacht unterwegs. Gebraucht natürlich, aber ein gutes Markengerät, gewartet und auch gleich mit dem Klavierstimmer angereist.

Und jetzt steht es auf der Bühne unserer neuen Halle und wartet auf die ersten kleinen oder größeren Hände, die ihm Töne entlocken.

Und warum jetzt auch noch ein Klavier?

Zunächst einmal, es ist mein Einstandsgeschenk für die neue Halle und weil alle unsere Kids im ersten Trimester so großartige Leistungen erbracht haben. Und der weitere Grund für mich ist, Musik lernt man nur mehr schlecht als recht auf einem keyboard. Ich möchte ihnen gern eine andere Art von Musik vermitteln, Noten lesen, altmodische Stücke vielleicht auch – Musik berührt das Herz überall gleich. Normalerweise gilt in Kenia Musik nur dann als Musik, wenn laut und über Lautsprecher zu erzeugen.

Mein Francis studiert jeweils in den Ferien in Nairobi in der Kunsthochschule Piano und Komposition. Er wird das managen, alle freuen sich, alle sehen es als was ganz Kostbares an.

O-Ton Francis: „She is giving us the same opportunity like she gave to her own children, like European children have. This is nothing but just pure love.“

Und parallel dazu hab ich mir in Österreich auch eines gekauft – man wächst ja mit den Kindern mit. Ich lerne also auch.

Und sie sind alle völlig fasziniert, dass so ein Klavier hundert Jahre alt „werden kann“. In einem Land, indem man schon Dinge als alt ansieht, die 10 Jahre alt sind, finden das alle erstaunlich. Und haben mir morgens schon vorgerechnet, wieviele kenianische Kinder eine neue Perspektive auf Musik bekommen.

Jetzt also auch Klavier.

Gabriela Vonwald

Immer wieder geht es im Leben ja um Kompromisse. Nichts, wirklich nichts, ist nur schwarz oder weiß (und damit meine ich jetzt nicht die Hautfarbe), es gibt wesentlich mehr Grautöne. Und – viele der Dinge, die für uns in Europa ein Thema sind, muss man sich in einem Dritte Welt Land erst einmal leisten können.

Nun neigen wir Europäer ja gerne dazu, unsere Leitkultur, unsere Ansicht der Dinge, unser Weltbild und unsere Erkenntnisse aller Welt nicht nur mitzuteilen, sondern gern auch vorschreiben zu wollen. Und dazu möchte ich gern einige Beispiel hier aufzeigen, vielleicht regt es ja ein wenig zum Nachdenken an.

Aufhänger für diesen Post war, dass wir für unsere neue Schule für einen Spielplatz sammeln.

So wie hier abgebildet (der steht in der Vonwald-Schule) kostet er 3.800,- Euro. Und natürlich kam recht rasch der Einwand – alles Plastik, ob das so gut ist für die Welt.

Nun ist der Anteil Kenias am weltweiten Plastik wohl – zumindest im Vergleich zu Deutschland oder Österreich – vernachlässigbar. Keine Getränke in Plastik, man holt das Wasser auf dem Kopf von irgendwo. Keine verpackten Nahrungsmittel, fertig und vorgekocht für die Mikrowelle, keine Knabbersachen für Zwischendurch oder gar geschnittenes Obst in einem Plastikschüsselchen. Und über Mikroplastik in Kosmetika müssen sich die meisten kenianischen Frauen auch keine Sorgen machen, genauso wenig wie übermäßig viel Plastik in den Kinderzimmern.

Bei solch einem Spielplatz kommen aber noch andere Dinge dazu. Die hohe Luftfeuchtigkeit, salzhaltig, weil direkt am Meer. Aus Holz vom örtlichen Tischler gebaut müssten wir nicht nur mindestens einmal im Jahr streichen, wir müssten auch immer wieder Teile ersetzen. Durch Holz. Wir hatten das schon. Nun ist aber Kenia kein Land der Wälder oder der Holzindustrie. Entweder man holzt einzelne Bäume ab, oder man importiert, was auch keinen tollen CO2-Abdruck hinterlässt. Dieses spezielle Kunststoffmaterial muss nicht nachgestrichen werden, heizt sich nicht auf, die Kinder können sich nicht verletzen und es hält ewig. Und alles, was ewig hält und nicht der Wegwerfmentalität unterliegt, ist in meinen Augen nachhaltig. Und da darf es dann auch im Einzelfall mal Plastik oder Kunstoff sein. Zumal hier nicht an jeder Ecke ein Spielplatz herum steht, es erfreut also definitiv viele Kinder, sehr viele.Wofür entscheiden wir uns also jetzt? Pest oder Cholera?

Wir hatten eine ähnliche Diskussion schon vor einigen Wochen wegen Eiern, die unsere Kinder einmal pro Woche zum Frühstück bekommen. Eier, ganz schlimm, die armen Hühner. Diese Hühner bringen kleinen Familien das zum Überleben notwendige Geld, um zu essen, sich das Schulgeld leisten zu können. Sie sitzen nicht in Legebatterien, vor allem aber, wir reden von mangelernährten Kindern. Ein Ei enthält so ziemlich alles in bioverfügbarer Form, was so ein Mensch zum Wachsen und Lernen braucht. Wir könnten natürlich auch Nahrungsergänzungen in Plastikdosen einfliegen lassen – Ironie off.

Ich hatte auch schon Diskussionen, wenn ich den Kindern bei Familienbesuchen ein Zuckerl gebe – du bringst Diabetes nach Kenia. Oder die immer wieder mal aufkeimende Diskussion über die Schuluniformen, meiner Meinung nach das beste Beispiel für gelebte Nachhaltigkeit. Maximal zwei im Jahr, zuhause haben die Kids ein bis zwei T-Shirts zur zerrissenen Hose. Das wars. Und kritisiert wird es von Shopaholics mit überquellendem Kleiderschrank.

Und ein ganz großes Thema – zu viele Kinder. Ein wenig erinnert es mich an die deutsche Atompolitik. Bei uns nicht, wir importieren es dann aus dem Ausland.

Wir hier dürfen Kinder bekommen, die da nicht, dafür sind wir aber ganz geil auf Fachkräfte aus dem Ausland. Übrigens ist erwiesen, dass auch bei uns eher bildungsferne, finanziell schlechter gestellte Familien mehr Kinder bekommen, nur dass sie hier von der Allgemeinheit mitfinanziert werden über Kinderbeihilfe, Gratisschulen, Elterngeld usw. Und wenn ich dann bei solchen Diskussionen einwerfe – auch bei uns gab es noch zwei Generationen zurück 6 bis 8 Kinder pro Familie und wenn du wüsstest, deine einzige Chance im Alter nicht zu verhungern wären deine Kinder, und zwar die, die die hohe Säuglingssterblichkeit überlebt haben, hätten wir dann bei uns die 2-Kind-Familie? Dass sich was ändern m uss, keine Frage, irgendwann purzeln wir von dieser Erde alle herunter. Aber haben ausgerechnet wir hier das Recht, einer kenianischen Frau vorzuschreiben, jetzt reicht es? Man muss es sich leisten können, wenige Kinder zu haben, diese gut auszubilden und im Alter nicht von ihnen abhängig zu sein. Stichwort wie immer – Bildung, Aufbau eines sozialen Netzes.

Wir sind immer sehr schnell damit, Urteile zu fällen, Meinungen zu haben, unser Weltbild nach draußen zu transportieren. Wie viel besser wäre es, sich mal in die Schuhe des anderen zu stellen. Harambee bietet übrigens auch das, eintauchen in die Lebenswelt eines anderen Landes, sich auseinandersetzen, lernen.

Wir suchen übrigens weiter Spenden für diesen Spielplatz, in Kunststoff. Damit wir die nächsten Jahre keine Ressourcen verschwenden müssen.

 

 

 

Ich hab gerade Gänsehaut vor Freude und Begeisterung. Denn soeben kam die Nachricht:

Unser Basketball-Team aus der Junior High, zwei unserer Leichtathletikmädchen (Dreisprung und 200m-Lauf), unsere 4 Schwimmer/innen, alle haben erste Plätze belegt und vertreten die gesamte Küste in Machakos auf nationaler Ebene.

Zusätzlich in Performing Arts unsere Tänzergruppe Highschool und zwei Kinder im Bewerb „Spoken Words“ – also Vortrag. Sie fahren schon diesen Samstag zum nationalen Bewerb nach Embu.

Und ich fühle mich wie eine Eislaufmama und könnte heulen.

Unsere Kinder, teilweise Waisen, aus Analphabetenfamilien, bisher nur in einer Lehmhütte zuhause, ziehen in die Welt, begeistern mit ihren Talenten und ihrer Disziplin, denn solche Leistungen schafft man nicht mit herum trödeln.

Im Schwimmen mussten wir jetzt im Regionenbewerb gar nicht antreten, weil es keine Konkurrenz gab. Das muss man sich mal vorstellen, aus der gesamten Küstenregion von Malindi bis hinunter zur Südküste gab es keine Schule, die es bis dahin geschafft hatte. Wir leben am Meer.

Und das macht mich dann bei aller Freude auch wieder traurig, denn es sagt ja nichts über Talente aus. Unsere Kids sind nicht talentierter als viele in anderen Schulen. Der Unterschied ist nur, wir fördern diese Talente.

Und es bestärkt mich darin, alles, was wir jetzt in Sportanlagen investieren – Basketball, Rollball, Skaten – auch anderen Schulen zu eröffnen. Und – alles zu versuchen, noch dieses Jahr ein Schwimmbecken zu bauen. Damit unsere trainieren können, damit aber auch andere Schulen ihren Kindern das bieten können. Den Namen gibt es schon – Vonwald Dolphins;-))

Vielleicht gibt es ja Sportler, die hier mitlesen, die gern bei einer Sportart Pate sein wollen und uns unterstützen.

Und heute Abend gibts Party.

Gabriela Vonwald

 

 

 

Es ist schon ein Wechselbad der Gefühle. Gerade noch fragt man sich, woher man neue Paten zaubern könnte und wie (verdammt noch mal!) dies und das und jenes organisier- und finanzierbar sein soll… und dann suchen plötzlich nur noch 7 Kinder an der Bright Academy nach Paten und es trudeln Mails ein von lieben Menschen, die nach Projekten suchen, die sie auf dem ein oder anderen Weg bekannt machen und unterstützen könnten.

Ja, es gibt sie – Menschen, die mehr tun wollen als „nur“ Geld spenden, die sich ganz persönlich engagieren und ihr Netzwerk für die gute Sache nützen wollen. Vieles ist noch in der Schwebe, ich will noch nicht zu viel verraten, aber besonders freuen wir uns über ganz frische Paten, die nun sozusagen „in Eigenregie“ für den geplanten Brunnen für die Bright Academy Geld sammeln werden.

Immer wieder hören wir – ich hätte gern was Eigenes. Ein eigenes Projekt, etwas, was ich verwalten kann, dafür brenne. Du schwimmst selbst gern – warum nicht unsere Schwimmkids zu deinem Projekt machen. Oder Landwirtschaft, Taekwondo, eine unserer Schulen, College.

Gabi Vonwald hat es unlängst auch im Harambee Podcast gesagt: Harambee bzw. Gapeka (wie wir in Kenia heißen) umfasst ja weit mehr als „nur“ eine Schule. Da gibt es die verschiedenen Partnerschulen, Landwirtschaft als großen Schwerpunkt inkl. allem, was mit dem wichtigen Thema Wasser zusammenhängt, das Rescue Center, die Special Unit, … und schulintern die diversen Sportarten von Schwimmen über Basketball und Leichtathletik bis zu Taekwondo, Theater, Tanz, Gesang, Kunst, IT… Wofür Euer Herz auch schlägt: In all diesen Bereichen und noch mehr gibt es die Möglichkeit, sich einzubringen.

Wir sind offen für Vorschläge, teilen gern unsere Erfahrungen und sind dankbar für alle neuen, kreativen Ideen oder auch schlicht Menschen, die Klinken putzen, über Harambee allgemein oder eben einen selbst gewählten Schwerpunkt sprechen wollen. Alles, worauf man seine Energie lenkt, wächst bekanntlich – das muss ja nicht immer nur Gabi Vonwalds Energie sein (und/oder meine).

Der große Vorteil daran, sich bei uns zu engagieren: Man muss das Rad nicht völlig neu erfinden, sondern kann auf all dem aufbauen, was schon da ist und sehr gut funktioniert. Und kann trotzdem sein eigenes Ding draus machen. Drei der nächsten „Projekte im Projekt“ sind übrigens das Thema Solarenergie, ein Haus für Kinder, die ansonsten kein richtiges Zuhause mehr haben (Temporary Child Care) und – weil es unsere Kosten auf lange Sicht deutlich reduzieren würde – ein Schwimmbecken für die Kilifi Vonwald School.

Vielleicht fühlt sich ja jemand angesprochen? Gern einfach melden! Nur bitte nicht mit: „Man müsste… man könnte… man sollte… “ – Lasst uns ZUSAMMEN etwas bewegen. Helfen ist einfach, man muss es nur TUN!

 

Die letzte Woche war hart. Da möchte man meinen – wir haben heuer schon über 110 Kinder ins Projekt geholt, viele Große konnten im Boarding an der Vonwald Schule starten, 15 Kinder haben wir in der Old Ferry School übernommen, 25 in Tezo in die Bright Academy aufgenommen, die ja gerade neu gebaut wird. An allen Ecken und Enden wird geschafft, gewerkt und getan, es läuft so richtig gut.

Und dann kommen innerhalb weniger Tage gleich 5 absolute Härtefälle dazu. Zuerst ein junges Mädchen, Zainab, Vollwaise und HIV-positiv. Sie lebt bei den Großeltern, die sich bemühen, aber das Mädchen ist schwer unterernährt. Nun sind HIV-Medikamente in Kenia zwar gratis, sie kann aber nicht versorgt werden, wenn sie nicht regelmäßig zu essen bekommt. Das Spital hat das Jugendamt verständigt, die Zuständigen sind auf uns zugekommen – Erste Hilfe: ein Essenspaket. Die langfristige Lösung: Sie kommt an die Vonwald Schule ins Boarding (Internat), wo sie ausreichend zu essen bekommt und wir ihre Medikation kontrollieren können. Danke nochmals an die Patin, die sie zum Glück schnell gefunden hat.

Fast zeitgleich ein Notruf, ein Schwesternpaar aus Tezo braucht dringend Hilfe. Die Mutter ist aus der gewalttätigen Ehe entkommen, schafft es aber kaum, die kleine Familie über Wasser zu halten. Die Kinder mussten die Schule abbrechen, es ist finanziell einfach nicht zu schaffen. Während die Mutter Arbeit sucht, wurde eine der Schwestern vergewaltigt. Sie sagt, der einzige Ort, an dem sie sich sicher fühlt, ist die Schule. In die sie mit ihrer Schwester nun dank ihrer neu gefundenen Patin ganz regelmäßig gehen kann.

Kaum später: zwei Brüder, Moses und Erick, die Eltern gestorben, sie blieben allein zurück. Moses ist HIV-positiv, die Familie hat die Brüder verstoßen, lange Zeit lebten die beiden auf der Straße, auf die Hilfe von Nachbarn und Fremden angewiesen. Oft hieß das: hungrig schlafen gehen. Natürlich sind beide massiv unterernährt. Der größte Wunsch: Schule! Lernen! Erick träumt davon, eines Tages Pilot zu werden. Noch ist dieser Traum weit weg, aber immerhin können die beiden sich nun im Boarding an der Vonwald Schule sattessen und zum ersten Mal im Leben in einem Bett schlafen.

Für Erick brauchen wir noch einen Paten, der ihn mit 60€/Monat unterstützt (oder Teilpaten). Moses sucht ebenfalls noch einen Teilpaten für 30€/Monat. Es sind Schicksale wie diese, die uns nicht müde werden lassen. Es gibt noch so viel zu tun. So viele Leben zu verändern. So viele Leben zu retten.

Danke an alle, die uns dabei unterstützen!

Mag. Sarah Eidler

Ich habe es ja schon oft gesagt – in Kenia verhungert niemand so, wie wir das von so manchen Bildern kennen. Kinder mit extremer Unterernährung, Hungerbäuche, zu schwach, um die Fliegen von den Augen zu blinzeln. Diesen Hunger gibt es nicht.

Nur – mal satt essen, das gibt es für die meisten armen Menschen in Kenia auch nicht.

Wenn ich um Hilfe gebeten werde, mich jemand sprechen will, ich Familienbesuche mache, stelle ich daher fast immer nach ein paar Minuten auch die Frage:

„Wann hast du das letzte Mal gegessen?“

Bei uns in Europa wäre wohl die Antwort je nach Tageszeit – ich habe gefrühstückt, Mittag gegessen, Abendessen, gerade an der Dönerbude oder auch nur einen Snack – Kühlschrank auf, Kekspackung, Schokoriegel oder wenigstens Obst. Und würde jemand mittags sagen – gestern morgens, würden wir höchstens vermuten, okay, Person auf Diät.

In Kenia bin ich oft schon froh, wenn die Antwort gestern ist, sehr oft höre ich aber, vorgestern.

Unsere liebe Sarah hat ja den Begriff geprägt  -Geschichten vom Wegesrand. Drei solcher Geschichten hab ich heute. Alle handeln genau davon, vom Hunger. Ich bin gestern aus Kenia zurück gekommen, da ist alles noch frisch. Und diese  „Fälle“ sind es besonders, denn noch drei Stunden, bevor ich zum Flughafen gefahren bin, hat sich der folgende ereignet.

Ich bekam früh morgens eine Nachricht auf mein Handy – WhatsApp. Eine Elisabeth bat mich um Hilfe, sie sei am Ende und vielleicht sei es besser, auch für ihre kleine Tochter, sie wäre nicht mehr da. Bei mir schrillten alle Alarmglocken, ich konnte sie überreden, in einer Stunde in der Schule, Security am Gate informiert, wenn eine Elisabeth mit Kleinstkind kommt, durchlassen und mich holen.

Und da saß sie vor mir. Die Geschichte, extrem gute Schülerin, Matura mit B-, was in Kenia direkt zur Uni führen kann, allerdings ein Rückstand der Schulgebühren, Schule händigt ihr das Zeugnis nicht aus, ohne keine Uni. Dann auf den falschen Mann herein gefallen, schwanger, aber sie kämpft sich durch, nimmt einen Mini-mini-mini-Kredit auf, kauft Ware, kommt gut ins Geschäft, und gerade, als es so ein wenig bergauf geht, Einbruch, alles gestohlen. Wirklich alles, sogar die Windeln der Kleinen. Und jetzt hat sie einen Rückstand des Kredites, die drohen ihr schon, sie konnte drei Monate die Miete nicht zahlen, soll jetzt auf der Strasse landen, sie weiß einfach nicht weiter. Insgesamt reden wir hier von 60 Euro und natürlich hab ich das übernommen. Und dann meine Frage – wann hast du das letzte Mal gegessen. Vorgestern. Und deine Kleine? Panik im Blick, sie drückt sie fester, sie würde voll stillen. Wer weiß, wieviele Kalorien man benötigt, um Milch zu haben und sein Kind stillen zu können, weiß auch, nur eine Frage der Zeit. Also lege ich noch 30 Euro drauf und sage ihr, kauf Lebensmittel. Und wir werden uns kommende Woche auch um den Rückstand in ihrer alten Schule kümmern, das sind 170,-, damit sie ihr Zeugnis bekommt, und dann schauen wir mal, sie möchte so gern studieren.

Nummer zwei ist die Mama von einem unserer neuen Kinder. Mir wurde zuerst gesagt, sie sei krebskrank, daher würde die Tochter so viel weinen. Ich will die Frau besuchen, das tun, was ich immer tue, ein Foto. Sollte die Mama sterben, bin ich die Bewahrerin der Erinnerungen für ihr Kind. Nur, die Mama hat keine Krebserkrankung – soweit die gute Nachricht. Sie hat offene Unterschenkel-geschwüre, ist extrem unterernährt, massiver Mangel an Nährstoffen. Wir kaufen ein großes Essenspaket, beraten sie – Eiweiß, Obst, Vitamin D aus der Apotheke, Wundpuder. Auch der Arzt, bei dem sie war, hat zur Diagnose geschrieben, unterernährt. Das wars. Festgestellt, nicht zu ändern. Im Juni schaue ich wieder vorbei.

Fall Nummer 3. Im Büro meldet sich eine Mutter mit Teenagertochter, sie bittet, ob wir die Tochter zu uns in die Highschool nehmen könnten, wir wären die letzte Hoffnung. Während unser Mr. Kazungu mit ihr spricht, fängt das Mädel plötzlich heftig zu weinen an und auf die erschrockene Frage, was denn jetzt passiert sei – sie habe so großen Hunger. Nun, natürlich mal in der Küche Essen besorgt und gemeint, wenn ich dann da sei, solle sie wieder kommen. Wir sitzen also wenige Tage später auf meiner Veranda. Schwieriger Fall, das Mädchen wäre eigentlich in Form 2, sehr schlechte Noten, aber ihr Gesicht zeigt mir nur einfach, bitte lass mich lernen, ich kann es besser. Ich frage sie, warum sie solche Noten habe. Antwort, wir essen nur alle drei Tage und ich hab zwei jüngere Geschwister. Und ich kann mich so schlecht konzentrieren dann, weil ich so hungrig bin.

Die Mutter hört die Antwort, schlägt die Hände vors Gesicht, sie schämt sich so.

Wir nehmen Franziska und auch die jüngere Schwester zu uns, der Mutter gebe ich Essensgeld. Und es kommt so ein tiefer Seufzer, wie ich ihn ganz oft höre, wenn die Last abfällt, man plötzlich Hoffnung hat. Für beide Mädchen werde ich jetzt Paten suchen.

Dreimal Hunger, dreimal Schicksale am Wegesrand.

Gabriela Vonwald

 

Unsere Eva, die für die gesamten Einschulungen zuständig ist, die die Datenblätter der Kinder in Kenia erstellt, die Familiengeschichten weiß, unser Link zum Jugendamt, stellt bei einem neuen Kind drei Fragen und zwar in der Reihenfolge:

  1. Wie heißt du?
  2. Wie alt bist du?
  3. Hast du eine Geburtsurkunde?

Beziehungsweise bekommen alle Eltern, die ihre Kinder zu uns bringen wollen, egal woher, egal in welcher Situation, diese Fragen gestellt.

Laut Gesetz dürfen Schulen niemanden mehr aufnehmen, der nicht zeitnah eine Geburtsurkunde bringt. Denn ohne Geburtsurkunde können die Kinder keine Prüfungen ablegen, nicht Schule wechseln, nicht studieren. Sie sitzen dann zwar und lernen, das Lernen wird aber nicht anerkannt. Und wir können auch leider keine Versicherung abschließen.

Nun ist zeitnah in Kenia ein dehnbarer Begriff, im Falle Geburtsurkunde manchmal auch durchaus ausgedehnt auf ein bis drei Jahre. Und da sind wirklich nicht immer die Eltern Schuld. Um solch ein Dokument nämlich zu bekommen, müssen zuerst einige Hürden genommen werden. Man muss zunächst mal wissen, wann ist denn mein Kind überhaupt geboren? Klingt komisch, aber eine analphabetische Mutter wird das bei Kind Nummer 6 oder 8 nicht mehr so genau nehmen, überhaupt dann, wenn man sich eben nicht gleich um eine Eintragung kümmert. Zuerst muss der Mais geerntet werden, dann ist es Zeit für Aussaat, für die Hühner, die Ziegen, den ältesten Sohn, und so vergeht manchmal ein Jahr oder zwei. Und dann weiß man nur noch – muss der oder der Monat gewesen sein in dem Jahr, als der Mais besonders hoch stand. Das Geburtsdatum auf allen Papieren, auch denen, die wir dann bekommen und auch an Paten weitergeben, ist nahezu immer geschätzt. Ich würde danach also nicht unbedingt ein Horoskop erstellen.

Danach muss sich ein männlicher Verwandter auftreiben lassen. Vor allem dann, wenn Vater nicht bekannt, verschwunden oder aus anderen Gründen nicht greifbar.

Die größte Hürde aber ist, irgendwer aus der Kernfamilie, am besten Mama oder Papa oder beide, sollten über eine ID-Card verfügen. Und für diese ID-Card muss der Chief der Region, in der ein Mensch geboren wurde, eine Bestätigung ausstellen.

So – und jetzt haben wir die Situation, viele unserer Familie kommen aus dem Hinterland, sind auf Jobsuche vor Jahren nach Kilifi oder Tezo gezogen, und wissen einfach überhaupt nicht, wie gehe ich es denn jetzt an, dass ich diesen Chief (sowas wie ein Bürgermeister) überhaupt erreiche. Sie können vielleicht nicht schreiben, können nicht telefonieren und würden es sich vielleicht auch gar nicht trauen, wie finde ich dazu die Telefonnummer, also lieber weiter warten und die Zeit verstreichen lassen.

Alle Schulen kämpfen mit dem Problem, nur, wir kämpfen an der Seite der Eltern. Heißt – WIR kontaktieren die Chiefs, lassen nicht locker, haken nach, und wenn das Papier dann da ist, karren wir die Eltern zum Meldeamt, füllen Formulare aus und bleiben dort, damit sie nicht wieder davon laufen. Daher ist unsere Ausbeute auch sehr hoch, in der Vonwald sind es gerade noch 9 Kinder. Tezo macht uns da etwas Sorgen, aber wir sind auf der Zielgerade. Diese Woche hat unser Mr. Mangi da die letzten Kraftakte unternommen, alles auf Schiene, zeitnah bekommen wir also hin.