Old Ferry

Menschen in Europa fragen mich oft – traust du dich auch in die Slums?

Wie ist es da so?

Und wenn wir Besucher hier haben, Paten, Sponsoren, Freunde, sind alle sehr erstaunt, dass sich Armut nicht auf eine bestimmte Gegend beschränkt, sondern dass sie einem einfach überall begegnet. Es gibt diese große Kluft nicht, die man oft erwartet. Auch der Kellner vom Hotel oder sogar ein ehemaliger höherer Beamter wohnen durchaus in einer Lehmhütte, vielleicht einer mit Strom oder Wasser oder Toilette, aber eben auch – Lehmhütte. Und aus genau diesem Grund gibt es auch an der ganzen Küste keine echten Slums – es gibt aber flächendeckend Armut.

Das, was noch am ehesten unserer Vorstellung von Slum entspricht, ist hier in Kilifi die Region „Old Ferry“, sehr nah in Gehdistanz zu unserer Schule und inzwischen kommen sehr viele Kinder genau von dort. Und seit den Anfängen besuche ich „meine“ Familien hier. Old Ferry ist der Grund, warum mich anfangs, als ich noch im Hotel gelebt habe, Angestellte gefragt haben, warum ich die Schule denn ausgerechnet dort bauen will, ob ich nicht wüsste, dies sei die ärmste Gegend von Kilifi? Ja, und genau deshalb.

Old Ferry ist wie eine abgeschlossene kleine Ortschaft, allerdings ohne Zaun. Jeder kennt jeden, viele sind miteinander verwandt, sicher gibt es auch Kleinkriminalität, allerdings keine echte Gewalt. Drogen, Alkohol, sicher. Trotzdem mag ich diese Gegend.

Nach vielen Jahren Arbeit und mindestens einmal jährlichen persönlichen Besuchen kennen uns alle gut. Die Menschen begegnen mir höflich, respektvoll, aber auch vertraut.

Und da wir inzwischen hier so viele Kinder unterstützen, unsere Schuluniformen ja in einem speziellen Hellblau gefertigt sind, liebe ich diesen Moment, wenn uns Scharen von Kindern in unserer Uniform entgegen kommen, aus jeder Hütte, aus jeder Ecke, eine Welle in Hellblau.

Die Vonwald-Kids.

Und durch die ständige Hilfe, allein schon, weil wir aus fast jeder Familie inzwischen ein Kind in der Schule haben und dort auch mit Essen versorgen, haben wir den Eltern eine Last abgenommen. Und nein, ich bilde es mir nicht ein, man sieht das.

Und dieses Mal auch – weniger „neue“ Kleinkinder, weniger Babys, vielfach die Auskunft, Mama arbeitet, Papa hat Arbeit.

Es ist daher auch kein Zufall, dass ich unser neues Umweltprojekt – Plastik sammeln und dafür Geld bekommen – ausgerechnet hier starte. Ich bin überzeugt, es wird ein Erfolg.

 

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