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Immer wieder geht es im Leben ja um Kompromisse. Nichts, wirklich nichts, ist nur schwarz oder weiß (und damit meine ich jetzt nicht die Hautfarbe), es gibt wesentlich mehr Grautöne. Und – viele der Dinge, die für uns in Europa ein Thema sind, muss man sich in einem Dritte Welt Land erst einmal leisten können.

Nun neigen wir Europäer ja gerne dazu, unsere Leitkultur, unsere Ansicht der Dinge, unser Weltbild und unsere Erkenntnisse aller Welt nicht nur mitzuteilen, sondern gern auch vorschreiben zu wollen. Und dazu möchte ich gern einige Beispiel hier aufzeigen, vielleicht regt es ja ein wenig zum Nachdenken an.

Aufhänger für diesen Post war, dass wir für unsere neue Schule für einen Spielplatz sammeln.

So wie hier abgebildet (der steht in der Vonwald-Schule) kostet er 3.800,- Euro. Und natürlich kam recht rasch der Einwand – alles Plastik, ob das so gut ist für die Welt.

Nun ist der Anteil Kenias am weltweiten Plastik wohl – zumindest im Vergleich zu Deutschland oder Österreich – vernachlässigbar. Keine Getränke in Plastik, man holt das Wasser auf dem Kopf von irgendwo. Keine verpackten Nahrungsmittel, fertig und vorgekocht für die Mikrowelle, keine Knabbersachen für Zwischendurch oder gar geschnittenes Obst in einem Plastikschüsselchen. Und über Mikroplastik in Kosmetika müssen sich die meisten kenianischen Frauen auch keine Sorgen machen, genauso wenig wie übermäßig viel Plastik in den Kinderzimmern.

Bei solch einem Spielplatz kommen aber noch andere Dinge dazu. Die hohe Luftfeuchtigkeit, salzhaltig, weil direkt am Meer. Aus Holz vom örtlichen Tischler gebaut müssten wir nicht nur mindestens einmal im Jahr streichen, wir müssten auch immer wieder Teile ersetzen. Durch Holz. Wir hatten das schon. Nun ist aber Kenia kein Land der Wälder oder der Holzindustrie. Entweder man holzt einzelne Bäume ab, oder man importiert, was auch keinen tollen CO2-Abdruck hinterlässt. Dieses spezielle Kunststoffmaterial muss nicht nachgestrichen werden, heizt sich nicht auf, die Kinder können sich nicht verletzen und es hält ewig. Und alles, was ewig hält und nicht der Wegwerfmentalität unterliegt, ist in meinen Augen nachhaltig. Und da darf es dann auch im Einzelfall mal Plastik oder Kunstoff sein. Zumal hier nicht an jeder Ecke ein Spielplatz herum steht, es erfreut also definitiv viele Kinder, sehr viele.Wofür entscheiden wir uns also jetzt? Pest oder Cholera?

Wir hatten eine ähnliche Diskussion schon vor einigen Wochen wegen Eiern, die unsere Kinder einmal pro Woche zum Frühstück bekommen. Eier, ganz schlimm, die armen Hühner. Diese Hühner bringen kleinen Familien das zum Überleben notwendige Geld, um zu essen, sich das Schulgeld leisten zu können. Sie sitzen nicht in Legebatterien, vor allem aber, wir reden von mangelernährten Kindern. Ein Ei enthält so ziemlich alles in bioverfügbarer Form, was so ein Mensch zum Wachsen und Lernen braucht. Wir könnten natürlich auch Nahrungsergänzungen in Plastikdosen einfliegen lassen – Ironie off.

Ich hatte auch schon Diskussionen, wenn ich den Kindern bei Familienbesuchen ein Zuckerl gebe – du bringst Diabetes nach Kenia. Oder die immer wieder mal aufkeimende Diskussion über die Schuluniformen, meiner Meinung nach das beste Beispiel für gelebte Nachhaltigkeit. Maximal zwei im Jahr, zuhause haben die Kids ein bis zwei T-Shirts zur zerrissenen Hose. Das wars. Und kritisiert wird es von Shopaholics mit überquellendem Kleiderschrank.

Und ein ganz großes Thema – zu viele Kinder. Ein wenig erinnert es mich an die deutsche Atompolitik. Bei uns nicht, wir importieren es dann aus dem Ausland.

Wir hier dürfen Kinder bekommen, die da nicht, dafür sind wir aber ganz geil auf Fachkräfte aus dem Ausland. Übrigens ist erwiesen, dass auch bei uns eher bildungsferne, finanziell schlechter gestellte Familien mehr Kinder bekommen, nur dass sie hier von der Allgemeinheit mitfinanziert werden über Kinderbeihilfe, Gratisschulen, Elterngeld usw. Und wenn ich dann bei solchen Diskussionen einwerfe – auch bei uns gab es noch zwei Generationen zurück 6 bis 8 Kinder pro Familie und wenn du wüsstest, deine einzige Chance im Alter nicht zu verhungern wären deine Kinder, und zwar die, die die hohe Säuglingssterblichkeit überlebt haben, hätten wir dann bei uns die 2-Kind-Familie? Dass sich was ändern m uss, keine Frage, irgendwann purzeln wir von dieser Erde alle herunter. Aber haben ausgerechnet wir hier das Recht, einer kenianischen Frau vorzuschreiben, jetzt reicht es? Man muss es sich leisten können, wenige Kinder zu haben, diese gut auszubilden und im Alter nicht von ihnen abhängig zu sein. Stichwort wie immer – Bildung, Aufbau eines sozialen Netzes.

Wir sind immer sehr schnell damit, Urteile zu fällen, Meinungen zu haben, unser Weltbild nach draußen zu transportieren. Wie viel besser wäre es, sich mal in die Schuhe des anderen zu stellen. Harambee bietet übrigens auch das, eintauchen in die Lebenswelt eines anderen Landes, sich auseinandersetzen, lernen.

Wir suchen übrigens weiter Spenden für diesen Spielplatz, in Kunststoff. Damit wir die nächsten Jahre keine Ressourcen verschwenden müssen.