Im September haben wir den Geburtstag von Harambee Österreich am 5. September zum Anlass genommen, daraus auch gleich einen Mädchentag zu machen (die Buben waren ja im April dran). Es gab eine ganz großartige Ansprache dazu von Tsama, ich konnte auch meinen Teil beitragen und ich denke, es hat unsere Mädchen genauso gestärkt wie im April unsere Buben.

Und wieder gab es eine Großspende, unser Wunsch nach – jedes Kind ein Tablet – wurde erfüllt Dank der Spende der McPike Zima Foundation. Seither programmiert unser IT-Spezialist Ali täglich bis zu 10 Tablets. Und unsere Kids lernen sozusagen digital, und werden sich später in der Welt da draußen noch besser zurecht finden.

Und – zur Freude aller, konnten noch weitere Gitarren und eine Verstärkeranlage angeschafft werden. Ich hab’s ja oft schon erzählt – laut ist in Kenia wichtig.

Was auch eine kleine wichtige Aktion war – ausreichend neue Unterhosen für möglichst viele Kinder. Man kann sich das ja kaum vorstellen, aber manche Kinder besitzen nur eine einzige. Wie immer hatten wir natürlich auch unsere Nachbarschule Hope mit in der Verteilung.

Auch noch in meine Zeit im September fiel der Startschuss zu unserem Projekt „Modellfarm“. Wir wollen in den nächsten Jahren auf einem großen gepachteten Grundstück unseren Kids und auch Eltern/Familien zeigen, wie Landwirtschaft funktionieren kann, überhaupt in einer immer trockener und heißer werdenden Welt. Die Wasserzuleitung samt Wassertank habe ich gleich mal vor Ort gespendet.

Im August ging es für mich wieder los Richtung meiner Wahlheimat. Inzwischen wohne ich ja im eigenen Haus am Schulgrundstück, bin also ganz nah am Geschehen. Was viele der Kids auch nutzen, und auf meinem Sofa herum lümmeln und nach Schokolade fragen (die man als brave Oma natürlich immer im Kühlschrank hat). Diese Normalität nach Jahren des Ausnahmezustandes für nahezu alle diese Kinder berührt mich immer sehr.

Mit mir gemeinsam kamen gleich in den ersten Tagen auch das Ehepaar van Kesteren und mit Robert und Anja zwei weitere Vorstandsmitglieder der van Kesteren Foundation. Und was soll ich sagen, wir mochten uns alle wirklich gern und am Ende des Besuches war auch klar, wir bekommen das Geld für den neu geplanten Schlafsaal für die Buben. Ein erster großer Schritt, um aus unserer Schule ab Highschool endlich eine Boarding, also ein Internat zu machen. Wir waren alle wirklich aus dem Häuschen vor Freude, vor allem unser Baumeister George hatte nur noch ein Dauergrinsen im Gesicht. Zumal es noch andere Baustellen für ihn gab.

Durch eine weitere kleine Spende von Robert und Anja konnten wir den schlammigen Gang vor dem Speisesaal pflastern und den nur betonierten Gang direkt unter dem Vordach verfliesen. Das wird eine große Erleichterung sein in der nächsten Regenzeit. Und ein weiteres Gebäude wurde im August/September begonnen. Da alle unsere männlichen Mitarbeiter sich eine doch eher kleine Toilette mit den Buben der Schule teilten, entstand da oft wirklich Chaos. Eine Toilette für alle Männer war daher der größte Wunsch. Nun haben wir keinen Platz zu verschenken, daher wurde aus dem Gebäude nicht nur eine Toilette vom Feinsten, sondern daran anschließend ein kleiner Raum für alle Gartengeräte und nach vorne ausgerichtet ein großer Lagerraum für Sportgeräte oder auch die Taekwondo-Matten.

Während ich dies schreibe, sind übrigens alle beide Baustellen fertig gestellt.

Auch im August konnten wir übrigens mit dem Schwimmunterricht wieder starten, der ja Corona bedingt so lange pausieren mussten. Schwimmen ist im neuen Schulplan nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend, nicht mehr Luxus, sondern Prüfungsfach. Und zwar bis spätestens am Ende der Klasse 5, im Lehrplan aber schon in Klasse 4. Ich kann jetzt sagen, wir haben beide Klassen aufgeholt, wenn das Schuljahr zu Ende geht, sind dann also im Zeitplan.

Unsere Geschäftsführerin von Harambee, Dr. Cordula Becker, besuchte im Juli wieder für eine Woche Kilifi und hat dabei ein wahres Mammutprogramm absolviert. Unter anderem als Schwerpunkt Godoma. Vor allem ging es jetzt mal endlich um die „echten“ Kosten der Ausbildung, also inklusive all der versteckten kleinen und großen Gebühren. Man kennt das ja von anderer Stelle, Flug nach London Euro 29,- und wenn man sich schon freuen will, kommen alle möglichen Zahlungen dazu, die teilweise mehr ausmachen als der Flug an sich. Aber dank Cordula haben wir da jetzt eine gute Evaluierung vorgenommen und können so auch Paten ganz viel Transparenz bieten.

Auch ab Juli trat bei uns die neue Patenregelung in Kraft. Diese heißt nun, etwas mehr, aber dafür ist die Krankenversicherung für jedes Kind enthalten. Damit Eltern nicht wochenlang bei großen und kleinen Krankheiten abwarten, manchmal, bis daraus dann ein echtes Problem geworden ist.

Ebenfalls seit Juli unterstützen wir das Projekt eines ehemaligen Lehrers unserer Schule, praktisch gegründet, um Kids von der Straße zu holen. Mr. Collins bietet den Jugendlichen hier vor allem künstlerische Betätigung, Schwerpunkt Photographie und Film. Daraus sind dann in Folge einige schöne kleine Filme entstanden, in denen sich unsere Großen mal persönlich ihren Paten vorstellen.

Cordula hat übrigens auch ganz viel am Unterricht teilgenommen.

Im Juni konnten die nächsten Kinder am technischen College in Godoma starten, dort haben wir jetzt schon fast 40 Kinder und einen Fürsprecher und direkten Draht zum Vorstand der Schule. Natürlich klingen 40 Kinder bei einigen Hundert nicht so spektakulär. Aber – wir zahlen. Regelmäßig und pünktlich. Unsere Kinder müssen nicht ständig heimgeschickt werden, das nächste Geld besorgen.

Der Knaller im April war aber wohl der Kontakt zu Gerard und Teresa van Kesteren, Gründer und Vorstand der gleichnamigen Stiftung in der Schweiz. Über einen persönlichen Kontakt einer Patin bekam ich Gerard van Kesteren persönlich ans Telefon und die Chemie hat sofort gestimmt. Meine Bitte nach einer Solaranlage für die Schule mit Kosten von Euro 12.000,- wurde praktisch gleich am Telefon erfüllt und ein persönliches Kennenlernen im August in Kenia geplant.

Das heißt nun – seit Mai 2021 verwendet unsere Schule zu mehr als 80% Solarstrom.

Ja, und für unsere Kinder natürlich ganz wichtig, März war der Monat der Abschlussprüfungen für die Klassen 8 und Form 4, also vergleichbar unserer Matura/Abitur. Was mich gleich überleitet zum Monat April, denn jetzt kamen die Ergebnisse und wir sind mehr als zufrieden. Immerhin sind das alles Kinder, die Corona und totalen Lockdown erlebt hatten (zum Vergleich, alle Schulen bleiben 2020 7 Monate komplett geschlossen). In Klasse 8 haben 59 Kinder von 63 den Sprung in die Highschool geschafft, 4 werden direkt eine Berufsausbildung machen.

Noch besser sieht es beim Thema Matura aus – hier haben 8 von 38 sofort die Zulassung zu einer Uni erhalten, 28 konnten sich für ein College bzw. eine Fachhochschule qualifizieren und 2 werden eine Berufsschule besuchen. Ich bin wirklich sehr stolz auf meine Babys, noch dazu gehören von diesen Großen 4 zu meinen persönlich gesponserten Mädchen. Zwei von ihnen studieren in Nairobi und Kisumu (Foto/Film die eine und Ethnologie und Völkerkunde die andere). Die beiden anderen lernen Medizinmanagement und Sozialarbeit.

Im April gab es auch auf Initiative von Nelly erstmals einen Bubentag. Ich selbst bin zwar die typische Mädchenmama, sehe aber wie sehr viele auch gerade in einem Dritte-Welt-Land die Gefahr, dass sich fast alle auf die Förderung von Mädchen stürzen, die Buben aber dabei auf der Strecke bleiben. Die heutigen Buben werden aber ohne Förderung, ohne Perspektive, ohne Schulabschluss, eventuell die gewalttätigen jungen Männer der Zukunft. Ohne Arbeit, ganz oft kriminell oder in Kontakt mit Drogen. Und das kann nicht im Sinne einer Gesellschaft sein. Und Nelly hatte den richtigen Riecher – es hat unseren Buben sehr, sehr gut getan, mal im Mittelpunkt zu stehen und einfach mal gefeiert zu werden.

Im März war die größte Anschaffung und wirklich solch ein tolles Geschenk vieler lieber Spender*innen – 60 Matten für unsere Taekwondo Kids. Sie nennen sich selbst die Kilifi Lions und Taekwondo ist eine der beliebtesten Nachmittagsaktivitäten in der Schule. Nur wurde das bisher auf dem Steinboden im Speisesaal gemacht. Wer die Sportart kennt, Steinboden ist nun wirklich nicht das, wo man gute Leistungen erbringen kann. Jetzt gibt es schöne bunte Matten und die Kinder können sich nicht mehr so verletzen.

Im Februar gab es einen Notfall, eins unserer Kinder musste dringend operiert werden, krümmte sich schon vor Schmerzen, die Eltern wollten zuerst einen Medizinmann drüber lassen. Wir konnten das verhindern, das Geld für die OP sammeln und nach drei Tagen schon ging es Emmanuel deutlich besser und er konnte nach Hause.

In diesen Monat fiel auch der Startschuss für eine neue Küche. Endlich. Alle haben eine schöne Arbeitsumgebung, die Lehrer mit feinen Klassenräumen, es gibt eine Bibliothek und jeweils einen wunderbar eingerichteten Chemie- und Physiksaal, das Management ist im Vorjahr in ein Büro am Hügel übersiedelt, das von allen inzwischen nur das „White House“ genannt wird – nur unsere Köchinnen, die täglich Schwerstarbeit leisten, arbeiten noch immer unter den Bedingungen der Anfangszeit. Das sollte sich ändern und in kürzester Zeit entstand jetzt eine moderne Küche, hell, freundlich, verfliest, ein eigener Waschplatz, Wasser in den Räumen, größere Fenster, ein helles Lager. Welch ein Genuss fürs Auge und für die Arbeitsmoral ein Booster.

Im Januar war es soweit, nach einem Jahr Corona-Pause konnte ich wieder Kenia besuchen. Und mich überzeugen, alles und alle noch da, wir haben die Krise gut hinbekommen inklusive Homeschooling. Und am 3. Januar durften auch endlich alle Kinder zurück in den Präsenzunterricht. Welch ein Glück. Und auch welch eine Erkenntnis. Ganz oft war jetzt zu hören – „ich hab meinen Lehrer/meine Lehrerin so sehr vermisst. Allein lernen ist doch nicht schön.“ Und die Coronaeindrücke im Land – damals hab ich geschrieben „die Menschen sind sehr diszipliniert, alle tragen bei Kontakt oder in Geschäften Maske, in unserer Schule auch die Kleinsten, gern sogar, weil es die Großen auch machen. Alle Kids waschen nonstop Hände, einfach weil diese Waschstraßen mit Fußpedal so cool sind. Und allen ist auch klar – Hände waschen, Maske tragen, sonst keine Schule, end of the story. Was hier niemand riskieren will.“

Während meiner Zeit vor Ort kam die Unterstützung einer neuen kleinen Schule dazu – die Vorschule in Rabai, wo wir einige Kinder ausgewählt und Paten für sie gesucht haben. Rabai ist einer der ärmsten Landstriche im County Kilifi, Tsama kommt aus dieser Gegend und hatte persönlich um Hilfe gebeten. Ich habe es damals schon gesagt und in diesem Jahr hat sich besonders gezeigt, was damit gemeint ist – als in Kenia registrierte NPO (Non Profit Organisation) wird von uns erwartet, dass wir bei Krisen mithelfen, uns engagieren, auch außerhalb unserer eigenen Schulgrenzen.

Was auch im Januar ein Thema war – Plastik. Kenia ist ja nicht gerade als ein Land bekannt, das eine gute Abfallwirtschaft hat. Keine Mülltonnen/Mistkübel allüberall, keine städtische Müllabfuhr, zumindest nicht überall, auch kein echtes Bewusstsein dafür, warum man seine leere Plastikflasche nicht in die Landschaft werfen sollte. Nach einem Ausflug zu einer Organisation in Malindi/Watamu ist Mülltrennung und die Wiederverwertung von Plastik (bzw. noch besser, die Vermeidung) ein Thema in unserer Schule. Es kommen regelmäßig Vortragende von außerhalb, wir basteln mit Müll und haben die Mülltrennung eingeführt. Ein erster wichtiger Schritt.

Und als persönliches Schicksal des Monats möchte ich Gertrud erwähnen, 14 Jahre, Vollwaise und weil sie weit von ihren Verwandten unsere Nachbarschule Hope Integrated School besucht, hatte sie als Schlafplatz einen alten Hühnerstall. Am nackten Boden, kein Besitz, nicht einmal eine zweite Unterhose. Wir haben die Kleine da heraus geholt, eingekleidet, sie schläft mit den anderen Notfällen seither in unserer Schule und blüht auf. Niemand, wirklich niemand, sollte so einsam und vergessen in einem Stall schlafen müssen.

Ach ja, und die neue Unterrichtsministerin von Kilifi County hat uns gemeinsam mit dem Minister für Katastrophenmanagement einen Besuch abgestattet und war sehr beeindruckt.

In den letzten Tagen des Jahres möchten wir Euch noch einmal mitnehmen auf die Reise durch das letzte Jahr, in dem unglaublich viel passiert ist. Habt Ihr Lust auf den Jahresrückblick, geschrieben von Gabriela Vonwald?

Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende zu, immer noch beherrscht Corona scheinbar alle Schlagzeilen, natürlich ist Klimawandel ein Thema und es gibt so viele Herausforderungen für jede*n Einzelne*n von uns, aber auch für uns als Gemeinschaft der Gattung Mensch. Da vergisst man manchmal all das Schöne, das eben auch in ein Jahr hineinpasst. Es wurde nicht nur gestorben, es kamen Babys zur Welt. Es gab nicht nur Isolation und Angst, sondern auch Gemeinschaft und Freude. Es haben sich nicht nur Türen geschlossen, sondern auch welche geöffnet, nur macht das Öffnen weniger Lärm als das Schließen.

Für Harambee war es ein unglaublich gutes Jahr, wir konnten so viel bewegen und so viel in die Zukunft planen. Nette neue Menschen und große Spender sind dazu gekommen, auch wir haben das Thema Klimawandel hautnah zu spüren bekommen, aber wir konnten auch Hilfe anbieten.

Überall gibt es jetzt die Jahresrückblicke, wo man sich oft denkt, was, das war erst in diesem Jahr? Ach ja, das auch. Daher haben wir uns gedacht, gerade weil man so schnell vergisst, machen wir das doch auch mal.

Wir starten mal einfach mit ein paar Fakten:

Aktuell betreuen wir 904 Kinder im Projekt, davon besuchen 61% unsere Schule, 31% besuchen eine andere Schule und 8% machen derzeit eine Ausbildung. Die von uns betreuten Kinder und jungen Menschen sind zwischen 3 und 28 Jahre alt, 54% sind Mädchen und 46% Buben. Wir haben im Jahr 2021 141 Kinder neu in unser Projekt aufgenommen und für diese Kinder Paten gesucht, aktuell suchen noch 18 Kinder Paten. Unsere Kinder werden von insgesamt 795 Paten unterstützt, davon 67% aus Österreich und 27% aus Deutschland.

Hinter all diesen Fakten stehen natürlich Menschen und Schicksale, die wir Euch in den nächsten Posts vorstellen.