Schulbeginn
Für Millionen Kinder aller Schulstufen beginnt morgen in Kenia das neue Schuljahr, viele davon starten mit der ersten Klasse Vorschule, genannt PP1 – wie aufregend für die 4jährigen Zwerge. Andere beginnen mit Grade 1, bei uns wäre das die Volksschule, wieder andere wechseln nach Klasse 8 aus dem alten System in die 4jährige Highschool, für alle Eltern eine besondere Herausforderung.
Und egal welche Schule, welche Klasse, welche Region – für die Eltern kommen erhebliche Kosten auf sie zu. Zwar ist offiziell die Grundschule, also im alten System bis Klasse 8, kostenlos, aber schon dieses alte System kannte offen gezeigte und unter der Hand vorhandene Schlupflöcher. Offen notwendig sind einmal Schuluniform (verpflichtend), ordentliche Schuhe und Bücher. Bücher werden in Kenia nicht von der Schule gestellt, sondern müssen von den Eltern gekauft werden – außer bei uns. Bei einem Volksschulkind, das jetzt in Grade 1 beginnt, sind allein das alles schon Kosten von rund 50 Euro. Bei einem Verdienst von ungefähr 30 bis 50 Euro für einfache Tagelöhner heißt das – ein Monatseinkommen.
Dabei bleibt es aber leider nicht, denn jetzt kommt das, was ich immer den Tag der offenen Hand nenne. Zwar keine Schulgebühren, aber Schulen und Lehrer sind erfinderisch in Zusatzkosten. Fast alle verlangen eine so genannte „tuition fee“ – frei übersetzt im Grunde eine Nachhilfegebühr, auch wenn es gar keine Nachhilfe gibt oder braucht. Ich sage immer, das sind Gebühren dafür, dass der Lehrer auch tatsächlich unterrichtet. Und wer die nicht zahlt, dessen Kind wird ein Jahr lang ignoriert und dann heim geschickt. Oder dazwischen heim geschickt. Ich habe aber auch schon Kinder gesehen, die – angesprochen darauf, warum sie nicht in der Schule sind, geantwortet haben, „weil wir keinen Beitrag für die Security am Gate gebracht haben, kein Extrageld für die Strom- oder Wasserrechnung“.
Daher weiß heute jeder und jede – Schulen verlangen Gebühren. Nicht viel, da ich gerade anlässlich meines Geburtstages 20 Kindern in der Gegend Rabai den Start geschenkt habe, weiß ich, was öffentliche Schulen so im Hinterland (Rabai ist ungefähr eine Stunde von Kilifi entfernt) verlangen. Wobei in 3 Trimestern gezahlt wird, das erste ist immer das teuerste, dann wird es weniger, das dritte ist praktisch dann kaum noch etwas. Es geht offenbar nach dem Prinzip – was wir haben, das haben wir mal eingesammelt. Außer die kleinsten, da ist jedes Trimester gleich. Also – öffentliche Schulen in Rabai kosten für die Kleinen, also die PP-Klassen pro Trimester umgerechnet Euro 10,- (also gerade mal 2,50 pro Monat, denn man dividiert durch 4), ab Grade 1 dann im ersten Trimester rund 18,- (also pro Monat 4,50).
Und gerade etwas weiter weg von Kilifi, einem Schmelztiegel mit überfüllten Klassen, sind diese öffentlichen Schulen gut. Vor allem, man hat in öffentlichen Schulen immer wirklich ausgebildete Lehrer und nicht nur Mütter mit einem gefakten Zeugnis.
Der Nachteil vieler dieser Schulen, sie bieten keinen Mittagstisch und oft nur für die Kleinen eine Porridge-Mahlzeit. Dafür werden dann nochmals rund 3 Euro pro Monat eingehoben. Aber – verglichen mit einer eventuell nicht registrierten Privatschule, die ebenfalls einiges an Gebühren einhebt, wie wir gerade wieder feststellen mussten, sind die öffentlichen Schulen deutlich besser als ihr Ruf.
Was sie nicht bieten – oder ich muss besser sagen, bisher nicht geboten haben – viele der Extras, die Freiheit des Lernens, soll heißen, auch mal zu experimentieren, Dinge auszuprobieren, besseres und mehr Lernmaterial, kleinere Klassen. Warum Vergangenheit? Weil das neue Curriculum den Schulen eine Menge vorschreibt, darüber hatte ich ja schon mal geschrieben, von Ausflügen über Sportveranstaltungen und ganz neue Fächer. Aber – das müssen dann wieder die Eltern zahlen, sonst darf das Kind nicht dabei sein. Derzeit schätzt man, dass rund 1,2 Millionen Kinder in Kenia im Grundschulalter daher überhaupt nie zur Schule gehen.
Neben unserer Vonwald-Schule, sozusagen dem Zentrum, und der neu adoptierten Schule in Tezo sponsern wir ja viele Kinder auch in anderen Schulen. Private, öffentliche, unsere Partnerschulen und auch Secondary-Schulen mit Internat, eine bunte Mischung. Was bei uns anders ist bei diesen Kindern – wir sorgen immer dafür, dass alle zumindest einmal am Tag Essen bekommen und alle sind versichert. Und alle haben Bücher, die in diesem Fall nicht ihnen gehören, sondern die sie am Ende des Schuljahres zu uns bringen, alle gut erhaltenen werden an ein jüngeres Kind weiter gegeben. Und wenn Paten so lieb sind, gibt es auch Schuluniformen und Schuhe von uns.
In unseren beiden Schulen sind alle vorbereitet, Lehrer waren in den Ferien teilweise auf Fortbildung, es gab diese Woche schon Meetings und Planungen, der Stundenpaln steht und alles wurde repariert und schön gemacht. Es kann also losgehen.
Wünschen wir jetzt mal all unseren Kindern, die nach den langen Ferien schon ganz hibbelig sind, einen guten Start ins neue Schuljahr und allen Lehrern viel Liebe und starke Nerven.
Gabriela Vonwald
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