Immer wieder werde ich gefragt, warum denn unbedingt Schuluniformen, warum haben alle Mädchen die gleiche Frisur, warum lässt man keine Individualität zu. Viele Eltern können sich die Schuluniform doch gar nicht leisten, warum besteht ihr darauf?

Nun, zunächst einmal, nicht wir bestehen darauf, es ist staatliche Vorschrift. Das Unterrichtsministerium gibt uns die Vorlage – Schuluniform ist Pflicht und wir müssen angeben, welche Art, welche Farben, welches Design. Innerhalb einer Region wird dies dann kein zweites Mal erlaubt. Ihr erinnert euch, als wir unsere zweite Schule in Tezo registrieren ließen, wurde uns vorgegeben, gleich Uniform wie die erste. Kinder müssen sozusagen auf der Strasse erkennbar und einer Schule zu zu ordnen sein.

Man kennt aber Schuluniformen nicht nur aus Kenia. Auch in England gibt es das und sicher auch noch in vielen anderen Ländern.

Der Sinn dahinter soll sein – niemand hebt sich auf Grund seiner Kleidung hervor. Gerade in Ländern mit erheblichen Ungleichheiten im Einkommen ist dies wirklich wichtig. Manche Kinder kommen sonst barfuß und im zerrissenen T-Shirt, andere im gelabelten Sweater. Wenigstens in der Schule sollen diese Unterschiede verschwinden und sich ausgleichen.

Ebenso die Frisuren bei den Mädchen. Wir haben in den ersten Jahren alles erlaubt und hatten dann nach einer Weile völlig absurde Situationen. Manche der Mädchen hatten wahre Kunstwerke am Kopf, was auch wieder viel Geld kostet, andere kamen kahl rasiert. Manchmal kamen Kinder nicht in die Schule, weil die Frisur noch nicht fertig war. Oder sie konnten auf Grund irgendwelcher Kunstwerke am Sportunterricht nicht teilnehmen.

Daher gilt bei uns jetzt wie in allen staatlichen Schulen auch – alle Mädchen gleiche Frisur (man nennt diese eng an den Kopf geflochtenen Zöpfe auch shikamos), wir sind hier nicht am Laufsteg. Bei Haaren kommt noch der Hygieneaspekt dazu, denn Wasser ist Mangelware, Haare waschen daher Luxus. Man kann sich vorstellen, was da in einer Gemeinschaft in Kürze so entstehen würde.

Soweit so gut. Und nein, jetzt einem Patenkind kleine Geschenke zu machen, wird das Gefüge nicht gleich ins Rutschen bringen. Vor allem, wenn es nützliche Dinge sind wie eine neue Schuluniform, Schuhe, Hefte, Schultasche, ein Bett, Essenspakete. Selbst ein Fahrrad geht noch durch, denn damit kann man auch schon mal Wasser transportieren oder Lebensmittel, Feuerholz oder die kranke kleine Schwester.

Aber jetzt haben wir mit der Erlaubnis – ja, wir schicken wieder Sammelpakete nach Kenia – eine Tür geöffnet, die das ganze Gerüst ins Wanken bringt. Da kommen plötzlich Geschenke zum Vorschein, die hier bei uns wahrscheinlich unsere Kinder nicht vom Hocker reißen, die aber in Kenia schnell dazu führen können, dass wir genau das erzeugen, was all die Schuluniformen und Frisuren zu vermeiden suchen – ein Kind ist plötzlich „besonders“. Kann sein, dass bei uns ein T-Shirt oder eine Packung Buntstifte „wenig“ ist, nicht der Rede wert. In Kenia ist es vollkommen ausreichend. Einmal im Jahr, nicht ständig. Wobei ich Kleidung immer befürworte, Unterwäsche, T-Shirts, Sweater, Regenjacken – wunderbar.

Aber wir müssen uns doch fragen – ist es wirklich notwendig, chinesischen Plastikmüll auch noch in ein Dritte Welt Land zu schicken? Kennt ein Kind das, was wir da schicken überhaupt? Kommt es in seiner Welt vor? Und könnte man es nicht viel preiswerter in Kenia kaufen? Bälle gibt es beispielsweise an jedem Kiosk in allen Farben.

Ja, ich tue auch viel für meine Patenkinder. Ich bezahle meinen beiden Buben Victor und Vincent beispielsweise die Miete für einen Raum, sauber, trocken, in dem sie mit ihrer Oma leben können, nachdem ich sie unter einer Plane vorgezogen habe. Ich bezahle meiner Sophia, die dieses Jahr maturiert, Nachhilfestunden in Mathe. Immer wieder mal allen neue Schuhe. Warme Decken, ein bestimmtes Buch fürs Studium. Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten, Klassenfahrten, Ausflüge. Und ja, gern auch den Kleineren mal ein Auto oder ein Stofftier. Eins, nicht eine ganze Wagenladung.

Und noch ein Aspekt kommt dazu, wenn wir Spielsachen schicken, die man so in der Community nicht kennt. In einem Land, indem noch alle an Hexenzauber und den bösen Blick glauben, kann das schnell in Ächtung eines Kindes übergehen. Wir hatten vor Jahren mal den Fall, da bekam eins unserer Mädchen eine Schneekugel geschenkt. Die plötzlich alle für Teufelszeug hielten. Wir mussten das Mädchen dreimal Schule wechseln lassen, weil überall bereits der Ruf voraus ging. Wegen einer Schneekugel. Okay, das hat sich in unseren beiden Schulen inzwischen geändert. Aber es bleibt dennoch so, ein Kind, das plötzlich mit Geschenken überhäuft wird, steht abseits oder erkauft sich mit dem plötzlichen Reichtum Freundschaften.

Wollen wir das?

Immer wieder frage ich um Spenden. Für sinnvolle Dinge. Alle Kinder brauchen ständig Extras für die Schule, wie eben Ausflüge. Wenn ich nun noch zweimal Porto – vom Paten zu uns, von uns nach Kenia – plus Zoll dazu rechne – da könnte man bald locker für ein weiteres Kind die Patenschaft übernehmen oder für das eine Kind ansparen fürs Studium.

Helft mir bitte weiterhin sinnvoll zu arbeiten.

Gabriela Vonwald

 

Manchmal werde ich gefragt, was ich mir denn am meisten wünschen würde für Kenia. Und meine Antwort mag erstaunen, aber ich würde mir wünschen, dass Menschen wie ich nicht mehr notwendig wären. Dass es überhaupt keine ausländischen Organisationen brauchen würde, damit Menschen gut leben können oder ihnen geholfen wird.

Und immer wieder – neben einer guten Ausbildung und Job-Möglichkeiten – versuche ich, meine Kollegen und Freunde vor Ort, unser Team und unsere Mitarbeiter zu motivieren, Hilfe in Kenia zu organisieren, an Türen zu klopfen, Spenden zu sammeln, die nicht vom Ausland kommen.

Und jetzt bekomme ich heute zwei Weihnachtsgeschichten auf den Tisch, die unterschiedlicher nicht sein können, die aber als Kern Hilfe zur Selbsthilfe sind.

Ich habe heute erfahren, dass unser Landwirtschafts-Officer David mit einer Gruppe junger Leute, alles seine Freunde und teilweise schon seit der Schule eine Gemeinschaft, einen „Club“ gegründet hat, „Friends for Friends“. Er hatte erfahren, wie vielen seiner ehemaligen Klassenkameraden es schlecht geht, vor allem, wie viele einfach abgewandert sind und ihre alten Eltern oder Großeltern allein zurück gelassen haben. Später – und er sagt, mein ständiger Satz, „Hilfe beginnt mit hinschauen“ habe ihm die Augen geöffnet – sah er das Elend auch einfach bei seinen Nachbarn. Jedenfalls versuchen diese jungen Menschen seit drei Jahren immer um Weihnachten herum, Kleidung und Essen zu jeweils 10 Familien zu bringen. Mit eigenem kleinen Geld, still und leise, nichts an die große Glocke, ich selbst wusste davon nichts.

Und warum weiß ich es heute?

Weil er mir Fotos von zwei Familien geschickt hat, Nachbarn, tiefstes Elend. (Die Fotos seht ihr hier) Und gefragt hat, ob ich ihm helfen würde zu helfen. Natürlich tue ich das. Sie sind auch meine Nachbarn. Ich warte auf die Hintergrundstories und welche Hilfe ist die beste, wie immer – einmal Soforthilfe, einmal für die Verbesserung der Gesamtsituation und der Zukunft.

Und parallel dazu bekomme ich noch dieses heute, Nachricht von einem unserer Studenten, Athman. Der junge Mann ist seit seiner frühen Kindheit bei uns, hat Matura gemacht, nie der Allerklügste oder Bemühteste, aber immer glücklich, zufrieden mit allem, pflegeleicht, würde man sagen. Nach der Matura College, Diplom in Bauwesen, irgendwas in der Art, dann ein Jahr lang Job gesucht. Und hier zeigte sich, wo andere aufgeben, nicht so Athman. Er blieb dran, ließ sich nicht entmutigen, immer freundlich, immer bemüht. Im Juni hatte er sich bei einer Baufirma in Nairobi beworben, wurde gecastet und bekam im Oktober den Job, inzwischen ist die Probezeit vorbei, er darf bleiben und mehr noch, man ist total zufrieden und glücklich und die Firma hat uns wissen lassen, wenn wir mehr so tolle junge Menschen hätten, her damit.

Was beide Geschichten gemeinsam haben? Die Saat geht auf. Und das ist wohl das schönste, was ich mir zu Weihnachten überhaupt wünschen kann.

Gabriela Vonwald

 

Gerade haben wir einen kleinen Film aus Kenia bekommen (zu sehen auf unserer offenen Facebook-Seite „Harambee“) mit Ausschnitten von Familienbesuchen. Vielleicht auch, weil sich das Jahr dem Ende zuneigt, hat mich das sofort zurückversetzt in so viele Szenen, die ich bei solchen Besuchen mittlerweile erleben durfte. Ich denke, für die Patinnen und Paten der Kinder, die besucht werden, ist das immer ein besonderes Highlight, wenn sie durch Fotos und Berichte „ihr“ Kind, seine Familie und die Lebensumstände etwas näher kennenlernen können. Ja, manchmal wird es dann „teuer“, weil z.B. ein Bett gebraucht wird, oder schlimmer noch, das Dach repariert oder gar eine Hütte neu gebaut werden muss. Aber alle können sich auch darauf verlassen – wir sammeln Spenden und im Zweifelsfall springt Gabriela Vonwald persönlich ein und finanziert alles Nötige.

Dass die Probleme der Familien überhaupt entdeckt werden, dass wir überhaupt die Möglichkeit bekommen, ihnen zu helfen, das verdanken wir zum größten Teil ihrem Einsatz. Nun habe ich ja seit einiger Zeit das große Glück, noch näher dran zu sein, ich war mittlerweile fünfmal vor Ort und durfte auch selbst schon Familien zuhause besuchen. Einige Male mit Gabi gemeinsam, einige Male auch „alleine“, also gemeinsam mit einer unserer Sozialarbeiterinnen und einem Fotografen. Mittlerweile habe ich etwas Übung, ich kenne den Ablauf, ich bin auf einiges gefasst. Ich versuche, mit ebenso wachsamen Augen von einer Hütte zur nächsten zu gehen, wie Gabi das tut. Ich versuche, dort hinzusehen, wo es sonst niemand macht. Ich versuche, die Schicksale zu begreifen und zugleich in Lösungen zu denken, wie Gabi das tut. Nun, immerhin versuche ich es.

Und es erscheint mir so selbstverständlich, weil Familienbesuche das Herzstück unserer Hilfe sind. Ja, heute gibt es zwei großartige Schulen, wunderbare Partnerschulen, Landwirtschaft, tolle Gebäude, … aber die unmittelbarste, allernötigste Hilfe ist die direkt in den Familien. Heute bei diesem Video ist mir dennoch richtig bewusst geworden, wie ungewöhnlich es ist, dass Gabi auch nach vielen Jahren bei jedem ihrer Aufenthalte vor Ort Familienbesuche macht. Nicht nur, weil Mitarbeiter, Vorstände – geschweige denn Gründer – anderer Hilfsorganisationen lieber in gut klimatisierten Büros oder Hotels herumsitzen, als in die Familien zu gehen, die in ihren Projekten „betreut“ werden. Ungewöhnlich auch nicht nur deshalb, weil Gabi 67 Jahre alt ist und Familienbesuche in Hitze, Staub und Dreck ein absoluter Knochenjob sind. Ungewöhnlich vor allem deshalb, WIE Gabi Familienbesuche macht.

Das sage nicht nur ich, sondern auch die Menschen vor Ort – Mama Karembo ist die Einzige, die wirklich zu uns kommt und zuhört. Das finden auch alle aus dem kenianischen Team, die schon einmal bei Familienbesuchen dabei waren. Nicht lange zu zögern, sondern einfach tun, in die Hütten gehen, Menschen umarmen, ihnen vertrauensvoll Hilfe anbieten und gleichzeitig liebevoll-streng ins Gewissen zu reden – das macht nur Mama Gabi. Und ganz besonders: Menschen in die Augen zu schauen. „Sie sieht uns wirklich“, das erstaunt alle am meisten. Ich kenne diesen Blick, kombiniert mit einer simplen Frage, bei dem man sich ganz plötzlich wie ein offenes Buch fühlt, und zugleich weiß, dass man Gabi Vonwald vertrauen kann. Ich kann nur sagen, diesen Moment vergisst man nicht.

In ein paar Wochen reisen gleich mehrere unserer Paten nach Kenia, auch sie wollen gern mit Gabi Familienbesuche machen. Vor meiner ersten Reise nach Kenia hat mir genau das am meisten Kopfzerbrechen gemacht. Klar war ich neugierig, aber auch sehr unsicher, wie es mir damit gehen würde. Würde ich das verkraften? Würde ich danach Albträume haben? In Tränen ausbrechen? Aber ich dachte, nun, wenn sie es mir zeigen will, dann nehme ich dieses Angebot natürlich an. Mittlerweile weiß ich ja, dass jede/r, der mit Gabi vor Ort ist und sich engagieren will, mal ins kalte Wasser geworfen wird. Nach dem Motto: Wie robust bist du, hältst du das aus?

Nun, offenbar bin ich robust genug, ich halte es nicht nur aus, sondern empfinde es als Ehre und Segen, das tun zu können. Dass Familien uns ihre Türe öffnen, mich in ihre Leben blicken und helfen lassen, macht mich sehr dankbar. Meine Tränen bei Familienbesuchen beschränken sich übrigens auf Freudentränen. Dann grinst unser Michael, der (nach seinem Vater Mr. Karani) Gabi schon von allen am längsten in die Familien begleitet, mich immer an und nickt wissend. Ja, gerade wurde wieder ein Problem gelöst, ein Schicksal gewendet, ein Leben gerettet. Gabi lässt das so einfach aussehen, aber es berührt mich sehr.

Ich werde meine ersten Familienbesuche nie vergessen. Einer der Buben, Joseph, ist mittlerweile „meiner“, weil er irgendwann danach seine Patin verloren hat und ich einfach nicht anders konnte. Wenn man bei jemandem zuhause war, und dieser Mensch braucht dann Hilfe – wie könnte man ihm diese Hilfe verwehren?

Sarah Eidler

 

Nichts erfüllt mich mehr mit Stolz, als wenn wieder einige unserer jungen Menschen „fertig“ geworden sind. Nicht nur fertig mit der Schule – bisher haben wir in 6 Jahrgängen rund 240 Maturanten und Maturantinnen aus unserer Schule entlassen, junge Menschen, die teilweise schon seit dem Kindergarten bei uns waren, also seit 14 Schuljahren. Daneben gibt es rund 140 Studenten und Studentinnen an diversen Universitäten, Colleges und Berufsschulen und weitere 46 starten 2025 und ungefähr genau so viele beenden ihre Studien.

Aber so richtig endet unsere Hilfe ja immer erst, wenn jemand sein Zertifikat, sein Diplom, seinen Bachelor in den Händen hält. Und oft nicht einmal dann, denn danach helfen wir Lebenslauf schreiben, Anstellung suchen. Und das beginnt schon während des Studiums, denn jeder Student muss verpflichtend ein 3-monatiges Praktikum machen, was ich sehr begrüße, denn oft erwächst daraus später eine Anstellung. Und hier nutzen wir unsere Kontakte. Gerade wieder haben wir für einen jungen Mann, der Kriminologie, Forensik und Sicherheit in Gemeinden studiert, eine Praktikumsstelle im örtlichen Gefängnis besorgt. Dort haben wir drei Jahre lang geholfen mit Spenden für die einsitzenden Mütter, und ja, eine Hand wäscht die andere und das fordern wir zunehmend auch ein.

Viele Praktikumsplätze gibt es in unseren 4 Schulen oder auch in der Special Unit Klasse. Wer mal Lehrer werden will, der ist gut aufgehoben, in den Klassen zu helfen, eine zukünftige Krankenschwester vermitteln wir in unser Partnerspital. Und auch einfach mal Hand anlegen auf unseren Baustellen tut nicht weh und man kann sich in den Ferien ein Taschengeld verdienen.

Und ganz oft übernehmen wir nach der Ausbildung auch einige dieser jungen Menschen zu uns und in unsere Gehaltsliste. Zum Beispiel haben wir bereis zwei selbst produzierte Lehrer und sogar unser Schulleiter ist ein Produkt unserer Hilfe.

Unsere Arbeit ist erst getan, wenn sich jemand selbst erhalten kann, ein Einkommen heimbringt.

Nein, noch haben wir keine ganz große Welle an fertigen Berufen. Aber auch die bisher rund 50 ausgebildeten jungen Menschen machen einen Unterschied. Durch ein Einkommen, vor allem aber auch dadurch, dass sie in ihren Familien, in ihren Gemeinden ein Vorbild sind, vor allem für die jüngeren. Ja, du kannst es schaffen, es ist nicht dein Schicksal, arm und ungebildet zu bleiben. Hoffnung, die sich multipliziert.

Und das Größte ist am Ende dann immer die Graduation-Feier in den jeweiligen Bildungseinrichtungen. Manchmal muss man da quer durchs Land fahren, zurück zur ehemaligen Uni. Solche Graduation finden einmal im Jahr statt, das heißt, manchmal ist jemand schon monatelang „fertig“, aber es gibt eben das Papier noch nicht. So ging es gerade unserer Caroline. Im März fertig studiert mit dem Studium „Wildlife Research“ , Praktikum gemacht, jetzt endlich der große Tag. Nur – viele können es sich gar nicht leisten, wirklich dabei zu sein. Wer soll die Fahrt bezahlen, die Übernachtung, etwas Nettes zum Anziehen. Und wenn schon, dann ist man allein, Eltern auch noch mitzunehmen, übersteigt alle finanziellen Mittel. Wo immer es mir möglich ist, versuche ich es daher. Bei Caroline gab es Fahrkarten für zwei Personen, Übernachtung für zwei, Kleidung für zwei, sodass die Mama am großen Tag der Tochter dabei sein konnte.

Und was mich immer wieder fasziniert – alle wollen irgendwann weiter lernen. Vom Diplom zum Bachelor, vom Bachelor zum Master. Ganz viele bewerben sich um Auslandsstipendien, um ihren Doktor zu machen, etwas, das ich so von Österreich gar nicht kenne.

Gleich nach der Graduation schrieb mir Caroline – „through your support in my studies I have become the lady I always envisioned. My learning does not stop here, one step at a time, but I will be a professor one day.“

Heute haben unsere Mitarbeiter/innen im Subcounty Rabai an 100 sehr bedürftige Familien Essenspakete verteilt, weil wir befürchtet haben, dass dort über Weihnachten viele nahe an der Grenze des Verhungerns sein würden. Wir haben ja in den letzten Wochen an alle Familien in unserem Projekt und alle Mitarbeiter schon große Weihnachtspakete verteilt. Rabai gehört eigentlich gar nicht zu uns, diese Familien haben keine Kinder in unseren Schulen, warum also dort auch?

Um es zu erklären, muss ich ein wenig ausholen, manche kennen ja die Geschichte und man könnte sagen, Rabai und die Menschen dort liegen mir persönlich am Herzen, auch ganz ohne dass ich dort eine Schule baue.

Ich habe die Region und die Menschen 2021 kennen gelernt, damals ging es darum, eine kleine Vorschule zu betreiben, es war unserem damaligen CEO in Kenia ein Anliegen, heute weiß ich auch warum. Also habe ich mich zwei Jahre lang bemüht, Strukturen zu schaffen, Kindern zu helfen, und ja, statt Tezo hätte es vielleicht auch irgendwann mal dort eine zweite Schule sein können. Leider hab ich nach knapp zwei Jahren gemerkt, dass viel Geld merkwürdig abfließt, sich einige, die alle zur Familie unseres damaligen CEOs gehören, die Taschen füllen, nie ganz viel, immer nur so, dass man genau hinschauen musste. Und dann hab ich bemerkt, allen denen da geholfen wird, gehören im Grunde zu einer einzigen Großfamilie, mit vielleicht 10 Alibikindern dazu. Ich hab die damalige Hilfe sofort eingestellt und andere Angebote gemacht, die mehr Menschen zugute kommen würden, die auch wesentlich besser kontrollierbar sein würden. Es wurde abgelehnt, denn inzwischen war ein deutscher Verein hineingegrätscht, bei dem man wieder auf Zuwendungen hoffte und der leider meinen Rat abgelehnt hat.

Und eigentlich war damals Ende 2022 meine Meinung – okay, dann war es das eben. Ist ja nicht so, dass ich nicht genug zu tun hätte und es nicht genug Baustellen geben würde.

Aber wir reden hier von Menschen, von einer riesengroßen Gemeinde, die, wie ich nach und nach erfuhr, unter diesem Familienclan zu leiden hatte. Es gibt bereits an die 1000 Unterschriften, aus der Gegend zu verschwinden, es gibt Demonstrationen und Petitionen, aber solange man Korruption durch Geldflüsse am Leben hält – es gibt bei Korruption immer zwei Schuldige. Die einfachen Menschen  wollten und brauchten Hilfe, sie haben Abordnungen geschickt, mich über Whatsapp immer wieder angebettelt, bitte komm zurück und hilf uns, wir können doch nichts dafür. Wir versuchen alles, um dieser Korruption ein Ende zu machen, diese nicht registrierte Pseudoschule zu schließen, aber bitte hilf uns.

Also hab ich vor einigen Monaten angefangen, immer nur mit meinem privaten Geld, immer mit strenger Kontrolle. Und siehe da, ohne diesen korrupten Haufen funktionierte es wunderbar. Was immer die Gemeinde und die Führungskräfte, Dorfältesten jetzt weiter unternehmen, und sie kämpfen, um den korrupten Verein zu vertreiben, nicht mein Kampf, ich hab mit der Gemeinde, mit den Menschen, einen „Vertrag“:

Sie bekommen von mir rund 800 Euro monatlich, damit schicken wir Kinder in die Schule und statten sie aus. Wir bezahlen für jeweils ein Kind pro Familie Schuluniform, Schuhe, Schultasche, Bücher und ein Jahr die Schulgebühren. Wir zahlen direkt an die Schule, also keine Umwege und Geld durch viele Hände. Die Gemeinde entscheidet demokratisch, welche Familien diesen Monat dran sind. Über 100 sind es schon, denen wir helfen konnten. Mal zum Nachrechnen, so ein Start in einer öffentlichen Schule und ein Jahr Gebühren kostet pro Kind 75 Euro.

Ich kann aber auch nicht die Augen zumachen, wenn ich weiß – es herrscht Not. Und es kommen verzweifelte Rufe.

Daher gab es eben heute Essen. Nicht so große Pakete wie für die Familien in unserem Projekt, das ging sich einfach am Ende eines solch intensiven Jahres nicht mehr aus. Aber pro Familie ein Bale (das sind 24kg) Maismehl, 3 Kilo Bohnen, 2 Kilo Zucker und 2 Liter Speisefett. Die Rettung. Und man muss sagen, je weiter man ins Hinterland kommt, weg von der Stadt Kilifi, umso größer die Not, umso dankbarer die Menschen. Ein schönes Gefühl, dass sich da heute bereits  100 Familien einmal richtig sattessen können.

Gabriela Vonwald

 

 

Ein paar Jahre zurück habe ich in Langobaya, das ist ungefähr 40 Minuten von uns entfernt Richtung Malindi, Land gekauft, recht viel Land, noch nicht wissend, was wir damit jemals machen werden. Es gab aber damals eine Aktion, wo sozusagen Grundstücke verschleudert wurden, und so hab ich mit meinem privatem Geld, aber wie immer dem Projekt überschrieben, 8 Acre Land gekauft. Das sind ungefähr 32.000 Quadratmeter. Das Land grenzt an einen kleinen Fluss, sehr idyllisch, und dann – hab ich es einfach vergessen.

Bis vor ein paar Monaten. 

Was machen wir damit? Sollen wir es verkaufen? Alles oder nur einen Teil? Derzeit ist ein Acre soviel Wert wie damals alles zusammen, also ein gutes Geschäft. Andererseits, könnten wir es für irgendwas brauchen? Wenigstens einen Teil?

Nun, unser David, zuständig für alles rund um das Thema Landwirtschaft und „Empowerment“ unserer Eltern, ist sofort aufgesprungen. Es wäre einfach großartig, wenn wir hier Landwirtschaft im großen Stil treiben könnten, mit Eltern, die sich damit ein Leben aufbauen, mit Überschuss für die Schulküche, mit der Versorgung anderer Mütter, die kleine Kioske für Gemüse haben usw.

Denn das Gute ist eben – wir wären hier nicht von Regen abhängig, es würde nur eine guten Pumpe brauchen und man könnte das Wasser zur Bewässerung einfach aus dem Fluss nehmen.

Mein Einwand, dass es zu weit ist, um es ständig zu überwachen, dass uns die Ernte gestohlen würde, bevor wir auch nur reagieren könnten, wurde damit beantwortet, dass wir eine Hütte bauen, dass immer abwechselnd Woche für Woche andere, die am Projekt teilnehmen, dort leben, dass die Community informiert wird, die Polizei usw. Und dass wir es doch mal mit 2 acre versuchen könnten.

David hat also eine Kalkulation gemacht, meine Bedingung war, ich möchte die Ernsthaftigkeit unserer Eltern, die dabei sein wollen, bewiesen haben, indem jeder auch was in den Topf zahlt und indem alle mal roden und das Land vorbereiten.

Und jetzt ist es soweit.

Wir haben eine Pumpe angeschafft, Solar betrieben, Pipelines gelegt, das Grundstück ist gerodet, eine Hütte wurde gebaut und die Familien wechseln sich ab. Alle wurden vorher eingehend von David geschult.

Nächste Woche wird gepflanzt und gesät.

Wenn man Menschen Fisch gibt, haben sie wenige Tage zu essen, wenn man sie lehrt zu fischen, haben sie lange etwas. Aber – sie brauchen auch ein Netz, vielleicht auch ein Boot. Und daher – um Landwirtschaft wirklich zu betreiben, kann man Menschen nicht nur mit einer Gießkanne losschicken.

Hier mal einige Fotos dazu und ich bin sehr sehr gespannt.

Gabriela Vonwald

Wenn man Kinder in Kenia fragt, ob sie froh seien, dass bald Ferien sind, sieht man – ihre Gefühle sind durchaus gemischt. Natürlich, nicht stillsitzen, nicht lernen, draußen Fußball spielen, das ist toll. Es heißt aber auch, kein Schulessen. In der ersten Woche ist das ja noch fein, aber dann klopft an jede Tür der Hunger.

Ganz besonders gilt das in den langen Ferien im November und Dezember, wenn alle Schulen behördlich geschlossen sind. Genau in diese Phase fällt auch das Weihnachtsfest. Jede Familie versucht ihr Möglichstes, damit sich zumindest zu Weihnachten alle einmal richtig sattessen können. Das wissen natürlich auch die Händler, weshalb knapp vor Weihnachten die Preise für Lebensmittel durch die Decke gehen. Und das Geld, einfach auf Vorrat zu kaufen, das hat kaum jemand. Außerdem gibt es keine Kühlschränke und Weihnachten fällt in die Hitzeperiode.

Und während man im Supermarkt bei uns schon jetzt im August die ersten Lebkuchen findet, bereiten wir deshalb auch in Kenia unsere alljährlichen Weihnachts-Essenspakete vor. Durch die hohe Inflation wird das mit jedem Jahr schwieriger und nur, wenn wir frühzeitig zu einem günstigen Preis bestellen und uns viele Menschen helfen, können wir diese Weihnachtsfreude finanziell stemmen. Für Kinder, deren einziges Essen an vielen Tagen eben das in der Schule ist… man will nicht weiterdenken.

Für viele Menschen nur ein oder zwei Generationen vor uns war Weihnachten auch – sich einmal richtig sattessen, sich etwas gönnen. Man denke nur an Peter Roseggers Weihnachtsgeschichte „Als ich Christtagsfreude holen ging“. In Kenia herrscht noch heute rund um dieses Fest die größte Not. Wir haben ca. 750 Familien im Projekt bei 1.200 Kindern und werden jeder Familie ein Essenspaket schenken, das sie ungefähr einen Monat über diese Zeit bringt.

Enthalten sind 24 Kilo Maismehl, das Grundnahrungsmittel in Kenia, einige Kilo Weizenmehl, 25 kg Reis, den alle unsere Kinder ganz besonders lieben. Außerdem als Eiweißquelle Bohnen, dann noch Salz, Zucker, Tee und Speiseöl.

Solch ein Paket kostet umgerechnet 50 Euro, also weniger als ein Wochenendeinkauf bei uns. Oder anders gesagt: Wer sinnvoll schenken möchte, kann das mit einem solchen Weihnachtspaket gleich doppelt tun. Eine Familie in Kenia beschenken UND vielleicht einen lieben Menschen hier mit einem Foto von der Übergabe des Essenspakets. Denn allen, die spenden wollen, bieten wir an, dass die Familie auf Wunsch ein Schild hält mit dem Namen des Spenders oder auch „von Oma Erna“, „von Familie Huber“, von…

Vielleicht ja von Ihnen? Spenden kann man direkt aufs Konto oder per Paypal an spenden@harambee.at. Ihren Wunschnamen bitte an office@harambee.at senden, das Foto kommt definitiv rechtzeitig vor Weihnachten an. Dazu benötigen wir aber das Geld bis Ende September auf dem Konto und auch Ihre Email dazu. Und wenn Sie dann mit Ihren Lieben feiern, haben Sie das gute Gefühl, dass sich auch am anderen Ende der Welt Menschen satt essen können.

 

 

Ganz oft werden wir von Harambee gefragt, was macht denn eine Patenschaft bei euch anders, besonders? Warum bei euch und nicht woanders?

Nun, erstens einmal – wenn wirklich geholfen wird, dann natürlich auch gern woanders. Ich persönlich denke, es gibt soviel Leid auf der Welt, wer da helfen will, es gibt genug zu tun. Und es gibt überall viele engagierte Menschen, die mit viel Herzblut dabei sind, übrigens sicher auch in großen Organisationen. Wettbewerb unter Hilfsorganisationen sollte es eigentlich nicht geben.

Wogegen ich etwas habe ist, wenn hier bei uns den Menschen, die im guten Glauben geben, Geld genommen und irgendwo verschwendet wird. Und Verschwendung fängt bei mir offenbar wesentlich früher an als bei vielen in dieser Branche.

Viiieeel früher. Und da ich sowieso leicht verrückt bin, fängt helfen auch für mich immer damit an – wieviel spendet denn die Person, die da mein Geld will, selbst?

Wer mit Geld helfen mag, der sollte sich selbst einfach zuerst fragen – wieviel Nähe wünsche ich mir, wieviele Berichte, Kontakte, dabei sein. Wenn es nur um steuerliche Abschreibung geht, dann ist alles gleich gut oder schlecht. Wenn ich aber – und jetzt kommen wir zum Thema Patenschaft – einem bestimmten Kind helfen mag, vielleicht sogar mit mehr als nur einem immer gleich bleibenden Beitrag, wenn ich hier dieser Familie ein Bett kaufen möchte, ein Dach reparieren. Wenn ich von diesem einen Kind Fotos möchte, Briefe, Kontakt. Wenn ich heute sagen möchte, ich bin nächste Woche in Kenia und würde gern mein Kind besuchen. Wenn ich später mit diesem einen Kind, wenn es denn studiert und erwachsen ist, per WhatsApp Nachrichten austauschen möchte, wenn ich also ein Leben über Jahre mitverfolgen möchte – da sind große Organisationen einfach ungeeignet. Und im Übrigen auch ganz viele Kleine.

Für den persönlichen und geförderten Kontakt, für das Mitleben, braucht es nämlich eine Infrastruktur vor Ort. Menschen, die dieses eine Kind ebenfalls kennen und lieben und begleiten, Menschen, die wissen, was sich Paten wünschen. Große Organisationen können es nicht leisten, weil es dieses eine Kind für diesen einen Paten gar nicht gibt, kleine können es oft nicht leisten, weil sie zu wenig Helfende vor Ort haben, die auf der einen Seite ihre Familien gut kennen, dort ein und aus gehen können, auf der anderen Seite aber auch über Know How und Technik verfügen, dies auch zu dokumentieren und täglich frisch nach Europa zu senden.

Harambee schafft diesen Spagat. Nicht, weil wir so viel besser und intelligenter wären, sondern weil ich persönlich das über Jahre eintrainiert habe, immer und immer wieder. Weil wir Menschen direkt vor Ort haben, die ganz genau wissen, was ich selbst und alle Paten brauchen, zeitnah, am gleichen Tag. Weil wir 4 gute Kameras zur Verfügung haben mit dafür trainierten Menschen, weil wir hier auf der anderen Seite wieder Menschen sitzen haben, die die Infos aus Kenia rasch verarbeiten.

Und weil ich selbst dreimal im Jahr für fast einen Monat vor Ort bin.

Daher können wir garantieren – soviel Kontaktmöglichkeiten, so viele Infos, so viel Mitleben wie bei uns, ich denke, das findet man nur selten. Und da bin ich auch durchaus eingebildet. Dazu immer wieder auch Einblicke in die kenianische Kultur, Wirtschaft, Politik, Alltag. Warum? Weil es inzwischen meine Kultur geworden ist, ich stolz darauf bin und ich es immer gern teile. Wissen vergrößert sich, wenn man es teilt.

Und was es ebenfalls noch anders macht bei uns – im Patenbeitrag ist nicht nur die komplette Schule enthalten, es gibt Essen, es gibt eine Krankenversicherung, es gibt modernen Unterricht, es gibt „Erziehung“ der Eltern, es gibt für jedes Kind die Begleitung bis es einen Beruf fertig gelernt hat und auf eigenen Füßen stehen kann. Erst dann, ist es ein Erfolg.

Gabriela Vonwald

 

 

 

Ich bin erschöpft!

Und der Grund heißt „Pubertät“. Denn ganz offenbar sind die Auswirkungen dieser Lebensphase in jedem Land der Welt die gleichen, und ja, das ist anstrengend. Zumal in meinem Fall dazu kommt – man muss es am Ende aus der Ferne managen. Und ich sitze zwischen zwei Stühlen. Oder sogar noch mehr Stühlen. Da sind einmal die Kinder, denen man helfen möchte, auch wenn einige es einem schwer machen. Da sind aber auch die Lehrer und das gesamte Personal, die sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen können. Und da sind die Sponsoren, jeder einzelne möchte das beste für das „eigene“ Kind, dennoch bin ich auch verpflichtet, sorgsam mit dem Patengeld umzugehen. Und nur Schule als nettes Hotel zu betrachten, das ist nicht der Sinn der Sache.

Ich habe ja schon ganz oft darüber diskutiert, wer braucht eher Hilfe in einem Dritte-Welt-Land, Mädchen oder Buben. Und ich weiß, die gesamte westliche Welt hat sich auf Mädchen geeinigt.

Als ich angefangen habe, dachte ich das auch, war die typische Mädchen-Mama und einige aus der Anfangszeit werden jetzt langsam fertig oder studieren erfolgversprechend. Aber es war mühsam. Heute habe ich mich zur Buben-Mama gewandelt.

Mein Credo – ganz ohne Pubertät – wenn wir die Buben vernachlässigen, vor allem die älteren, die nicht mehr niedlich sind, werden daraus ganz leicht gewaltbereite, aggressive Männer. Arbeitslos, ganz oft Drogen und Alkohol, und ja, die finden sich eine Frau. Aber diesen Frauen geht es nicht gut. Gut ausgebildete Männer dagegen, und ich habe in 18 Jahren viele davon gesehen, behandeln ihre Frauen gut, zeugen nicht Mengen von Kindern und schicken diese auch zur Schule.

Was aber für mich als Schulleiterin dazu kommt – in der Pubertät sind Mädchen einfach um vieles schwieriger als Buben und reißen manchmal ganze Klassen mit. So wie jetzt gerade. Eigentlich wollen sie nicht lernen, sie wollen sowieso heiraten und Kinder, der Mann soll dann arbeiten, wieso sollen sie sich in Chemie plagen oder in Mathe. Sie haben Menstruationsprobleme, Kopfschmerzen, Kreislauf, fühlen sich müde und überhaupt, es ist heiß oder es regnet. Nicht übertrieben. Und dann kommt bei den Mädchen noch eines dazu – Witchcraft – Hexenzauber.

Eine nicht geschaffte Prüfung liegt natürlich nicht daran, dass man zu wenig gelernt hat. Nein, irgendwer hat sie verhext, weil sie so hübsch ist, hübscher als die Banknachbarin, die wars.

Heute hatten wir 14 Mädchen aus Form 2 (also zweite Klasse Highschool) denen allen gleichzeitig schlecht wurde und schwindlig. Es kam ein Team vom Spital angerückt, macht natürlich ein tolles Bild im Ort, vielleicht ja doch eine Krankheit, Lebensmittelvergiftung. Komisch nur, heute sind Schularbeiten. Dann von allen, sie wurden verhext.

An manchen Tagen bin ich ganz dicht davor, alles in eine reine Bubenschule umzuwandeln. Auch Pubertät, Raufereien, schlechte Noten, aber dann geht man Basketball spielen zusammen und gut ist. Keinerlei Hexenzauber.

Am Freitag bin ich schon vor Ort, da gibt es Ansprache.

Die 14 Mädchen von heute haben wir übrigens zur Erholung heimgeschickt, Vor dem Mittagessen, kocht euch zuhause was. Das hilft dann meistens.

Gabriela Vonwald

 

Meine Enkelin hat am Sonntag 14. Geburtstag und wünscht sich eine bestimmte Sorte Sportschuhe. Kosten ein Vermögen, ich erkenne ehrlich gesagt nicht den Unterschied zu allen anderen Firmen, aber es soll so sein, bekommt sie. Halte ich immer noch für besser als das neueste Computerspiel.

Bei unseren Kindern in Kenia stehen auch oft Schuhe auf dem Wunschzettel, nur haben sie hier eine ganze andere Bedeutung. Ein Paar Schuhe, also richtige, aus Leder, feste für die Schule, macht einen Unterschied. Es zeigt auch nach außen – schaut her, ich gehe in die Schule. Und ich gehe nicht barfuß, ich habe Schuhe. Ich bin Jahrgang 1957 und erinnere mich an die Erzählungen meiner Eltern und Großeltern, dass dies bei uns vor gar nicht so langer Zeit genauso war.

Schuhe in Kenia

Diese Schuhe für die Schule, die eigentlich integrierender Bestandteil der erforderlichen Schuluniform sind, sind kaum leistbar für die meisten Eltern. Aber zum Schuleintritt versucht man es, nimmt die billigeren aus Plastik, stoppelt es irgendwie zusammen. Aber jeder, der Kinder hat, weiß – nichts wächst so schnell wie Kinderfüße. So dass dann die mühsam finanzierten Schuhe nach manchmal zwei Monaten bereits zu klein sind. Bei denen aus Plastik kann man dann auch nur noch wegwerfen. Zur Erinnerung, unsere Kinder gehen zu Fuß, werden nicht mit Auto oder Schulbus gebracht, keine asphaltierten Strassen, Staub, Sand, Regen, Matsch. Selbst die Lederschuhe halten kaum länger als ein Jahr, sonst würden wir sie jüngeren Kindern geben. Schuhe schenken

Schuhe stehen also immer wieder auf der Wunschliste, auch wenn das für Paten, die gern „was Besonderes“ schenken wollen, manchmal vielleicht langweilig, frustrierend, nicht so schön ist. Für die Kinder machen gute Schuhe einen gewaltigen Unterschied, heben ihre Stellung in der Gesellschaft, zeigen ihnen, du bist wichtig genug, dass dir jemand sowas schenkt. Und in sofern ist es nicht anders als bei meiner Enkelin.

In der Secondary sind gute Schuhe übrigens noch mehr Pflicht. In jedem Kindergarten oder Unterstufe werden Lehrer alle Augen zudrücken, wenn ein Kind barfuß kommt. Jeder hier weiß, ist halt so, Hauptsache das Kind kommt überhaupt. Nicht so in der Highschool – keine Schuhe, ab nach Hause. Das war übrigens vor 16 Jahren meine erste Begegnung mit unserem Michael, der fast wirklich mein Sohn ist. Er kam zu einer Besprechung mit seinem Vater, meinem guten Freund Mr. Karani, 14 Jahre alt, eigentlich sollte er in der Schule sein. Aber, Schuhe passten nicht mehr, kein Geld. Ich hab ihm Schuhe geschenkt, und bis heute sagt er, das war der wohl prägendste Eindruck seiner Jugend.

Gerade haben Sarah und ich übrigens wieder 4 Paar geschenkte Fussballschuhe verpackt, also die richtigen, die sich in Kenia kein Kind einfach so leisten könnte. Schuhe sind einfach das Besondere und daher, davon können wir nie genug haben.

Gabriela Vonwald