Bei uns in Österreich (oder in Deutschland) kann man sich ja kaum vorstellen, dass Schule ohne Bücher überhaupt irgendwie sein kann.  Bücher werden vom Staat zur Verfügung gestellt und schon wenn man als Eltern mal ein wenig dazu zahlen soll für Kopierpapier oder andere Extras, ist die Empörung groß. Ich bin selbst Mutter, hab meine beiden Töchter durch die Schule gebracht und weiß, da raunzt man schnell und ruft nach dem Staat.

Auch als ich selbst zur Schule gegangen bin, gab es die Bücher gratis. Der Unterschied, sie bleiben Schuleigentum und wurden vererbt, was ich bis heute ja für den besseren Weg halte. Und genau so läuft es auch bei uns in der Vonwald Schule ab.

Wir kaufen alle Bücher ein, es verwenden diese Bücher aber mehrere Jahrgänge und nur die wirklich kaputten werden ersetzt.

Und damit sind wir fast schon ein Exot im kenianischen Schulsystem, denn überall sonst heißt es – Eltern, bitte kaufen. Oder maximal, man kauft so drei bis 5 Stück, kopiert mal einzelne Seiten, liest draus vor. Und nirgends ist die Situation dann so, dass ein Kind tatsächlich ein Buch für jedes Fach besitzt. Ein Buch pro Kind, das nicht geteilt werden muss mit drei oder fünf anderen aus der Klasse.

In der Vonwald-Schule müssen wir jetzt durch das neue Schulgesetz und neue Schulpläne immer nur die jeweils nach oben wachsende Klasse neu bestücken. Machen wir immer schon im November oder sogar Oktober, damit wir günstig einkaufen. Wenn einzelne Eltern erst im Jänner einzelne Bücher kaufen, das wird sehr sehr teuer.

Und jetzt haben wir unsere neu adoptierte Schule die Tezo Bright Academy ebenfalls mit Büchern ausgestattet. Jedes Kind das komplette Paket aller Bücher für das kommende Jahr. Von unseren Lehrern wunderschön verpackt als Weihnachtsgeschenk. Das echte Lernen kann also beginnen.

Gabriela Vonwald

Heute am 13. November ist Internationaler Baumpflanztag. Überall auf der Welt sollten wir also Bäume pflanzen oder wenigstens die vorhandenen hegen und wertschätzen. Und sicher machen auch manche Staaten daraus einen besonderen Tag, so auch Kenia. In Kenia ist heute öffentlicher Feiertag.

Warum gerade in Kenia? Nun, Kenia hat mit Wangari Maathai eine Friedensnobelpreisträgerin, die sich das Pflanzen von Bäumen zu einer Lebensaufgabe gemacht hat. In unserer Schule ist der Mädchenschlafsaal nach ihr benannt und in der Bibliothek findet man von Bilderbuch bis Biographie ganz viel Literatur über sie und zum Thema Bäume.

In Kenia ist Bäume pflanzen aber vielleicht noch ein wenig wichtiger, denn es wird viel Raubbau betrieben. Nicht für Möbel oder Häuser, nein, für Holzkohle, deren einfache Erzeugung in einem Erdloch durchaus ein gutes Geschäft ist. Überall an den Strassen sieht man die Händler mit ihren Säcken.

Und wer jetzt schnell urteilt – wie kann man nur – nun, irgendwie muss man den Maisbrei ja zumindest kochen können. Gas oder Elektro – Fehlanzeige. Fast alle einfachen Familien kochen mit Jiko, dem dreibeinigen kleinen Ofen über offenem Feuer.

Wie verbringen also unsere Kids den Tag (es sind immerhin Ferien, die Kinder also gar nicht in der Schule).

Nun, Teil unseres SAKI-Programmes (Sustainable Agriculture Kilifi) ist die frühe Heranführung von Kindern an das Thema Landwirtschaft, Nachhaltigkeit, Schutz des Planeten. Dieser Teil innerhalb SAKI heißt Von-Green. Unsere Kinder werden dazu ausgebildet, machen es in anderen Schulen vor, sind Vorbild.

So auch heute. Eine Gruppe unserer Kinder ist mit Baumsetzlingen angerückt in unserer neu adoptierten Schule Bright Academy und hat auf dem neuen Grundstück gemeinsam mit den dortigen Kindern Bäume gepflanzt.

Ab dem Beginn der nächsten großen Regenzeit im April sind dann wieder die Eltern und ausgesuchte Menschen aus der Gemeinde dran, die wir über ein ganzes Jahr zu SAKI-Farmern ausbilden. Die ersten gab es ja schon im Vorjahr. Hier geht es um Landwirtschaft und natürlich auch darum, wie kann ich damit Geld verdienen, meine Familie ernähren. Aus allen, die  ausgebildet wurden, wählen wir dann einige wenige aus, die wieder in kleinen Gruppen dieses Wissen weiter geben.

Zurück zu den Kindern. Ab nächstem Jahr wird es auf einem unserer Grundstücke auch Landwirtschaft für andere Schulen geben. Viele Schulen, auch staatliche, sind an uns herangetreten, sie würden das auch gern anbieten, haben aber kein entsprechendes Grundstück.

Und so wird irgendwann mal aus einem Baum ein Wald;-))

Glauben an die Zukunft bedeutet auch, heute einen Baum zu pflanzen, obwohl man weiß, dass man es nicht erleben wird, in seinem Schatten zu sitzen.

Gabriela Vonwald

Regen ist in Kenia eine sehr zwiespältige Sache.

Viele Monate von Dezember bis April fällt gar keiner, nicht ein Tropfen. Alles, was Wasser benötigt, verdorrt, Menschen stöhnen, müssen Wasser auf dem Kopf von immer weiter her tragen, weil das Grundwasser fällt, Brunnen versiegen. In manchen Landstrichen regnet es auch schon mal zwei oder drei Jahre gar nicht, Tiere müssen verkauft werden, weil man sie nicht mehr durch die Dürre bringt.

In Kilifi, an der Küste, gab es dieses Jahr ein spektakulär gutes Regenjahr. Mit heftigen Regenfällen im Mai, dann viele Wochen angenehm und ideal für Landwirtschaft, was wir eifrig getan haben, alles sollte gut sein.

Vor einer Woche nun wurde schon El Nino angekündigt. In Erwartung haben wir schon zweimal Familienbesuche abgesagt, heftiger Regen, aber noch kein El Nino.

Und jetzt, als wir schon glauben, okay, kommt nicht mehr, regnet es heftig seit 20 Stunden. Und wie immer heißt das auch – Erde rutscht weg, Zäune fallen um, ein Stück einer Stiege bricht weg. Unser Mr. Chai macht schon seit der Früh seine Runden, ich bekomme im Minutentakt die Schäden auf mein Handy, und es wird wohl darauf hinauslaufen, dass ich heute noch zur Bank fahre, eine größere Summe Geld abhebe (mein privates), für morgen werden Arbeiter bestellt und Material und es wird alles wieder repariert und befestigt. Und so sehr mich das natürlich nervt (ich würde mein Geld lieber anders ausgeben), das war mal meine Schule und ich fühle mich selbstverständlich verantwortlich.

Nur, es ist bei diesem Regen etwas ganz anderes, das mich fertig macht.

Schon seit gestern abends, als es angefangen hat, denke ich an die besuchten Familien in ihren Hütten. Kinder, die mit den Tieren gemeinsam unter etwas schlafen, das kaum als Dach mehr zu erkennen ist. Kein Bett, keine Matratze, manchmal ein Stück Stoff drunter, nach 5 Minuten ist alles nass, aufgeweicht, inklusive Lehmboden, es spült die Exkremente der Tiere durch. Es wird nachts durchaus kalt, Kinder tragen nur, was sie am Leib haben, sind natürlich erkältet. Die Pfützen überall eine Brutstätte für Malaria-Mücken, die wieder vor allem die Kleinsten gefährden.

Unsere Weihnachtssammlung ist daher neben einem Essenspaket – Betten bitte. Man liegt dann wenigstens nicht im Regen.

Und ich sagte es auch – viele unserer Kinder sind Bettnässer, wir brauchen daher immer häufiger so genannte Mackintosh, also Auflagen auf die Matratzen. Denn bei diesem Wetter trocknen die nicht. Diese Auflagen kosten 20 Euro, gibt es überall, hier in Kilifi an jedem zweiten Stand, eine Volksseuche geradezu, ich sehe beispielsweise am Beginn eines Schuljahres, wenn die Kinder irgendwohin in eine Boarding aufbrechen, da werden viele davon gekauft. Auch meine Betty war betroffen. Daher bitte – helft uns mit Essen, Betten, Matratzen und Matratzenauflagen. Ich höre, dass es auch in Österreich gerade schüttet wie aus Kübeln. Aber unsere Kinder schlafen in einem Bett und haben ein Dach darüber.

Und ich werfe mich auf die Schäden an der Schule.

Gabriela Vonwald

 

 

Heute komme ich mal nicht mit einer Erzählung, sondern lasse einfach mal Fakten sprechen.

Gestern vor einem Monat haben wir beschlossen, ja, wir machen das noch einmal, eine Schule bauen, eine ganze Schule adoptieren und helfen. Und Morgen vor einem Monat, am 26. September, haben wir die ersten 30 Kinder vorgestellt, um Paten zu finden. Denn nur mit Paten können wir die laufenden Kosten stemmen. Nur mit Paten hat es überhaupt einen Sinn, so etwas zu beginnen und erfolgreich zu betreiben.
Was ist seither geschehen?
  • mehr als 90 Kinder haben Paten
  • alle Kinder bekommen in Zukunft täglich ein Porridge zum Frühstück, dazu Banane und einmal pro Woche ein Ei
  • alle Kinder haben eine Schuluniform und Schuhe
  • es gibt für alle Klassen Tische und Bänke, für die Kleinsten bunte Sessel
  • für alle Kinder wurden die Bücher für das kommende Schuljahr bestellt
  • alle 8 Lehrkräfte sind bei uns angestellt und versichert
  • für alle Kinder, für die die Eltern bereits die Geburtsurkunde gebracht haben, gab es bereits die Krankenversicherung, wir hoffen, bis Jahresende haben wir alle erfasst
  • das geschenkte Grundstück wurde mit allen Papieren rechtlich an uns übertragen und bereits die ersten Schritte eingeleitet, die Schule dann staatlich registrieren zu lassen
  • ein Mietrückstand von 5 Monaten plus Zahlung bis Jahresende wurde abgewickelt und so konnte eine Delogierung abgewendet werden
  • durch die Familienbesuche, die wir gerade unternehmen, und die überwältigende Hilfe durch die Paten, werden wir es schaffen, dass bis Jahresende alle Kinder in einem Bett unter einem Moskitonetz schlafen
  • Morgen beginnt auf dem Schulgrundstück die Rodung, der Zaun, das Einleiten von Wasser und nächste Woche der Spatenstich zur Toilettenanlage.
Ich weiß ja nicht, wie ihr das seht, aber ich sage dazu – eine große Welle, wirklich. Danke euch allen so sehr für diese Hilfsbereitschaft.
We can, so we do!
Gabriela Vonwald und das ganze Harambee/Gapeka-Team

Schon von weitem liegt Kalksteinstaub in der Luft, alle Pflanzen am Weg mit einer weißen Schicht überzogen, erschöpfte Arbeiter am Strassenrand, viele LKW auf dem Weg oder soll es eine Strasse sein? Rechts und links wird Kalkstein abgebaut, die berühmten „coral blocks“, mit der hier alle Häuser gebaut werden. Knochenarbeit für erwachsene Männer. Ich weiß, irgendwo nicht weit, ist das Meer, aber alles um mich herum ist wie die Vorhölle und ich fürchte mich vor dem Augenblick, wo ich aus dem Auto aussteigen muss. Und hier soll eine Familie leben?

Ich erlebe seit 17 Jahren bei Familienbesuchen so einiges, viel Armut, familiäre Gewalt, verworrene Verhältnisse und immer leiden die Kinder. Aber wenigstens gibt es Bäume, Gras, Tiere, irgendwas, an dem das Auge sich ausruhen kann. Hier tun mir sofort die Augen weh, als ich das Auto mit den getönten Scheiben verlasse. Man wird von diesem gleißenden Weiß fast schneeblind, der Staub legt sich auf Nase, Augen, Lunge – auch nicht ungefährlich.

Und hier lebt sie also, die Familie von Evans, einem 10jährigen Buben, der täglich 8km Schulweg in Kauf nimmt, einfach weil er es nicht mehr ausgehalten hat, nicht lernen zu können. Und er ist Klassenbester. Er steht um 5 Uhr auf und ist um 8 Uhr in der Schule, das Gleiche abends zurück. Und er hält das durch seit Jahren. Wie groß muss der Wunsch sein, nein, kein Wunsch mehr, da hat jemand ein Ziel ganz fest vor Augen. Unglaublich für solch ein Kind.

Wir steigen aus und 6 Kinder kommen uns entgegen, dazu das Elternpaar, einen Säugling im Arm. Alle Kinder freundlich, aktiv, aber dennoch irgendwie mit der Umgebung verwachsen, keine Farbe in den Augen, zugedeckt mit Staub. Dazu ein kleines Steinhaus, als wir später hineingehen – da ist nicht. Und wenn ich nichts sage, dann meine ich das so. Eine Matte am Boden, fertig. Wo kocht die Familie, was spielen die Kinder, alles hier ist im Grunde menschenfeindlich. Sie besitzen nur das T-Shirt, das sie tragen, keine Spielsachen, nichts.

Wir versuchen bei diesem Besuch für Evans eine Lösung zu finden, wie wir ihm diesen unglaublichen Schulweg abkürzen können, Pastorin Riziki, die Schulleiterin, würde ihm erlauben, in ihrem Zuhause zu schlafen (die Frau besitzt selbst nichts als eine Matratze), wir kaufen ihm ein Fahrrad, Montag bis Freitag abends bei ihr, dann heimradeln.

Und ja, eine Lösung wäre das. Er freut sich, aber doch nicht so wirklich. Die Freude kommt nicht in seinen Augen an. Weil es eben nur eine Lösung für ihn ist, nicht für seine Geschwister.

Was also tun. Wir reden mit dem Vater. Michael vor allem, von Mann zu Mann. Wir werden einen Raum mieten in Tezo, das kostet ungefähr 10 Euro monatlich (falls der Papa hier sein Versprechen bricht, daran wird es nicht scheitern, dass wir es übernehmen). Und dann können 4 der Kinder in die Schule (drei sind noch zu klein). Betten werden angeschafft, zwei der beiden anderen Kinder haben sofort Paten gefunden, nur Amos sucht noch.

Und Evans wird sein Fahrrad dennoch bekommen. Er ist mein Held. Er hat nicht nur für sich selbst bewiesen, was Zielstrebigkeit heißt, er hat auch für seine Geschwister die Tür zur Bildung aufgemacht.

Gabriela Vonwald

Gestern haben wir – wie immer, wenn ich da bin – meinen lieben Freund, Seelenverwandten, Mentor, Lehrer, Mitgründer der Vonwaldschule, Mr. Richard Karani in seiner Familie in Tezo besucht.

Mr. Karani ist inzwischen schon recht alt, er ist leider Ende 2017 erblindet, aber er nimmt dennoch an allem Teil, ist interessiert und weiterhin der geistige Mittelpunkt.

Karani war, als ich meine ersten Schritte in Kenia setzte, noch „Projektmanager“ beim inzwischen ja nicht mehr existierenden Verein Asante und mir von denen als Begleitung zugewiesen. Daraus ist eine sehr intensive Freundschaft entstanden, nach einem Jahr haben wir uns beide von Asante getrennt und unser eigenes Ding gemacht, die Vonwald-Schule. Es war Karanis Weitblick, dass wir die Schule sofort registrieren haben lassen, dass wir als Dach darüber eine NGO gegründet haben, Karani hat die Mitglieder ausgesucht und nein, nicht nur seine Familie, sehr wohl hat er aber darauf geachtet, dass immer auch unterschiedliche „tribes“ – Stämme – vertreten sind. Irgendwann erkläre ich das mal genauer, warum das so wichtig ist. Selbst einige der alten Dienstverträge, die er aufgestellt hat, sind bis heute rechtlich ganz wunderbar. Auch dass wir alle Schulstufen in einer zusammengeführt haben und das als Gesamtkonzept durchdacht haben, hilft uns heute mit den neuen Schulgesetzen sehr. Und wie ich immer wieder sage, wir haben uns gegenseitig vertrauen müssen und haben das ohne wenn und aber getan. Weil ich ihn gegen Angriffe von Paten einmal massiv verteidigt habe, kam es auch schon mal zu Turbulenzen, Austritten, Gabi die Böse.
Genauso aber hat er mich immer und überall beschützt. Kein Vertrag, den er nicht so geschrieben hat, dass meine Interessen und Rechte berücksichtigt wurden, die Schule war ja bis 2017 mein Privateigentum. Selbst seinen Söhnen hat er nicht voll vertraut, Ausnahme Michael.
Von diesen Söhnen gibt es 6 plus die älteste Tochter Mathilda, verheiratet mit Sammy, der in Gapeka Schriftführer ist.
Es gibt Daniel und Elvis, nicht im Projekt, es gibt Charles, der für die gesamte Lagerhaltung und Kücheneinkauf zuständig ist, es gibt Simon, unseren Tischler, der die Berufsschule „Saidia“ leitet, es gibt Sifa, den total künstlerisch und sportlich talentierten Menschen, der dann bei uns auch mal alles schmückt und so nette Sportdressen designed, und es gibt Michael, den ich nicht vorstellen muss.
Und bei meinen Besuchen (die ich immer einbaue, wenn ich da bin), sind eben fast alle da, ein großes Hallo, Wiedersehensfreude, immer mehr Enkelkinder, ein tolles Essen (das ich natürlich im Vorfeld bezahlt habe, ich kann von keiner Familie in Kenia erwarten, dass sie das Geld ausgibt, so viele Menschen zu verköstigen). Und es gibt gute Gespräche.
Da seit der großen „Managementerneuerung“ im Vorjahr, zu der ich immer sage, ich hab mein Haus aufgeräumt, wieder Frieden herrscht, kommen auch immer weitere Mitglieder des Leaderboard dazu, einfach auch, um diesen großen Mann und ein wenig mich zu ehren und – wie alte Menschen das halt so tun – immer wieder von der Vergangenheit zu erfahren, wo Karani und ich stundenlang zu Fuß zu den Familien unterwegs waren, kein Internet, kein Auto, kein Bankkonto, nur Western Union. Nur grenzenloses Vertrauen in einander und ins Leben und in Gott.
Und irgendwie hat sich daran nichts geändert, jetzt öffnen wir gemeinsam eine neue Tür.
Und ich habe gestern deutlich gemerkt – dass wir die neuen Schule in Tezo bauen, dass jetzt sein Sohn Michael dabei sozusagen die Aufsicht übernimmt, dass es also wieder „Karani“ und ich sind – das macht etwas in der Gemeinde. Zum Positiven. Karani ist eine Lichtgestalt, dass die Menschen wissen, er und seine Familie sind es wieder, das macht alle glücklich und erzeugt Vertrauen.
Und für mich selbst heißt es immer wieder – ja, ich habe eine richtige Großfamilie in Kenia.
Gabriela Vonwald

 

Es war sooooo toll!!! Gabi sagt, ich muss gleich berichten, bevors ans Nachmittags-Programm geht, und dabei bin ich eigentlich noch total sprachlos. Dass man ein Lied für uns einstudiert hat, hat man uns ja schon verraten. Aber dieser Jubel war unglaublich und es ist so so schön, die Kinder richtig hautnah zu erleben. Nach den Fotos, den Datenblättern, den Hintergrundgeschichten, die ich im Kopf habe – jetzt quasi die 3D-Version. Und überall versucht man an „Mama Gabi“ ein „und Sarah“ anzuhängen, ganz entzückend, aber etwas seltsam, ein bisschen wie die „und Töchter“ in unserer Nationalhymne.
Die Mütter singen, es wird getanzt, natürlich gebetet, die Kinder haben Gedichte einstudiert, die Lehrer stellen sich kurz vor und selbst für mich ist in Gabis Rede die Aufzählung dessen, was in den letzten Wochen schon alles geschehen ist, einfach erstaunlich. Es muss den Menschen hier wie ein Wunder vorkommen und das spürt man auch. Und Gabi erinnert daher auch gleich alle daran – sie sind mitverantwortlich. Die erste Schuluniform wurde geschenkt, die nächste sollte von den Eltern finanziert werden, weil sie ja jetzt keine Schulgebühren mehr zahlen müssen. Und es liegt an ihnen, dass ihre Kinder lernen, dieses Geschenk zu erkennen, die Schule wertzuschätzen – ein Geben und Nehmen. Nächste Woche ist schon Spatenstich geplant auf dem neuen Schulgrundstück, das wir auch noch besichtigt haben. Ein wirklich großes Grundstück und schon jetzt sehe ich hier vor meinem inneren Auge Gebäude stehen, die zwei Klassentrakte, die Toilette, auch für Sport ist ausreichend Platz und irgendwann wird auch eine Küche mit Speisesaal entstehen. Und „irgendwann“ ist sicher schneller, als wir jetzt noch ahnen.
Wir lernen die Familie des Mannes kennen, der der Schule dieses Grundstück geschenkt hat, seine Hütte ist alles andere als in gutem Zustand, der älteste Sohn Evans träumt von einem ICT-Studium, die Familie kämpft wirklich und als dann alles beschlossene Sache ist – Evans geht nach Godoma, die älteste Tochter beginnt im Jänner an der Vonwald Schule in Form 3, die Kleinsten haben ja schon Paten,… hat dieser Mann Tränen in den Augen vor Glück. Schenken heißt nicht, eine Gegenleistung zu erwarten, das hat er auch ganz sicher nicht. Aber hätte er dieses Grundstück verkauft, wäre er alle Sorgen losgewesen, und so ist nun wirklich allen geholfen.
Gabi sagt, die Anfänge der Vonwald Schule waren genauso – die Kinder, die Eltern, der Jubel, ein (fast) geschenktes Grundstück, … und ich kenne die Geschichten über diese Anfänge ja in- und auswendig. Jetzt dabei sein zu dürfen, empfinde ich als großen Segen. Und Michael ist gefühlt noch einen Kopf gewachsen und ich weiß, er wird hier noch weiter über sich hinauswachsen. Er tritt mit dem Bau der Schule in die riesig großen Fußstapfen seines Vaters Richard Karani und ich bin überzeugt davon, dass er ihn und „mum“ – also Gabi – sehr stolz machen wird.
Sarah Eidler

In wenigen Stunden fliegen Sarah und ich wieder nach Kenia, im Koffer über 100 Briefe mit kleinem Inhalt unserer Paten und eine lange To-Do-Liste.

Wer am Sonntag Podcast gehört hat, der weiß ja, wie die Aufenthalte so in etwa ablaufen. Diesmal werden wir uns wohl ein wenig aufteilen, denn der größte Brocken werden die Familienbesuche sein, gleichzeitig gibt es aber unglaubliche viele Besprechungen, denn Oktober/November ist immer die Zeit, wo auch das Budget für das nächste Jahr diskutiert werden muss. Jetzt mit der neuen Schule kommen ja noch einmal viele Dinge dazu, die beachtet werden müssen.

Und ich hatte ja mal gesagt, dass ich die Familienbesuche für mich persönlich reduzieren will. Soweit die Theorie. Aber ich möchte es persönlich schaffen, möglichst viele der neuen Familien der Bright Academy zu besuchen, außerdem auch einige Familien von Kindern, die in externe Schulen gehen.

Warum überhaupt Familienbesuche, kann man nicht einfach mit den Kindern in der Schule plaudern?

Man kann sagen, meine gesamte Tätigkeit in Kenia hat mit Familienbesuchen begonnen, damals noch mit meinem guten Freund Mr. Karani, im Taxi und viel, viel zu Fuß. Bis heute ist mir das wertvoll, denn nur hier sehe ich den Hintergrund dazu, wie unsere Kinder leben, aus welchem Umfeld sie kommen, mit welchen Alltagsprobleme die Familien zu kämpfen haben.

Ich höre zu, schaue hin, umarme und nehme auf den Schoß. Und zeige den Menschen auch, dass ich nicht in einem Glaspalast irgendwo sitze, sondern zu ihnen komme. Sie können mich anfassen, ihre Sorgen vortragen, mir ihre Hütten zeigen. Und was ich oft scherzhaft sage, alles sehn – „ja, die lebt noch“.

Daher freue ich mich auch diesmal darauf besonders. Und gern nehme ich alle Paten dabei immer mit und erzähle in unserer Facebook-Patengruppe dann, was wir so alles gesehen und erfahren haben und was das jeweilige Kind dringend braucht.

Wer noch nicht Pate oder Patin ist – jetzt wäre ein richtig guter Zeitpunkt.

Gabriela Vonwald

 

„Ich bin so froh, dass ich jetzt ein Teil von euch bin!“, durfte ich vor wenigen Tagen in einem Mail einer neuen Patin lesen. Aber was heißt das denn eigentlich, ein Teil von uns sein, Pate/Patin sein?

Für viele heißt das einfach, monatlich einen bestimmten Betrag an uns zu spenden, dank Dauerauftrag kein wirklicher Aufwand und ich bin sicher, vielen Menschen fällt das bei all dem, was so monatlich vom Konto abgezogen wird, irgendwie gar nicht wirklich auf. Das könnte man auch bei diversen anderen Organisationen tun, wir freuen uns aber über jeden, der es bei uns tut. So viel zur Minimal-Anforderung 😉

Die meisten Paten wollen aber mehr – und das bekommen sie auch. Für mich persönlich heißt Patin sein beispielsweise, dass sich meine stolze Studentin Sarah zwischendurch per WhatApp bei mir meldet. Das neue Semester hat für sie gerade begonnen, sehr aufregend und so viele spannende Kurse…. Und dass ich schon jetzt nervös bin, wenn ich daran denke, dass in ein paar Wochen Matura ist und es dabei für „meine Große“ um sehr viel geht. Seit Jahren träumt sie davon, Lehrerin zu werden. Sie will Religion und Kiswahili unterrichten und ich hoffe so sehr, dass sich dieser Wunsch erfüllt.

Patin sein heißt, ich freue mich über Fotos, auf denen ich Joseph und Priscah entdecke und wenn ich mir dann denke „groß sind sie geworden“, gibt’s mal eine Extra-Spende für Schuluniform und Schuhe. Wie die Zeit verfliegt, sieht man auch an den Briefen. Die ersten waren noch Kritzeleien und kleine Zeichnungen, mittlerweile wird schon fleißig geschrieben. Patin sein heißt auch, dass in meinem Kalender ein paar Geburtstage mehr stehen als noch vor ein paar Jahren, weil meine Familie eben deutlich gewachsen ist. Und es heißt, dass ich ganz viel über Kenia, seine Kultur, über die Menschen dort lernen darf, was mir ohne dieses Projekt in dieser Intensität nie gelungen wäre.

Patin sein heißt auch, dass ich als gelernt raunzende Österreicherin ein bisschen dankbarer bin für die Chancen, die das Leben mir bietet. Eine davon ist – ich kann helfen. Helfen ist einfach. Und helfen macht glücklich. Ein Teil von uns sein, das macht ganz offensichtlich glücklich. So schön, dass Du da bist!

Einige Kinder warten übrigens noch auf Paten…

Sarah Eidler

 

Viele haben es ja mitbekommen, wir haben uns entschlossen, sehr armen Kindern und deren teilweise körperlich oder geistig behinderten Eltern eine neue Schule zu bauen und unter unsere Verwaltung zu stellen. Mit jetzt einmal Erste Hilfe in Form von Essen, Kleidung, Schulmöbeln.

Verglichen mit dieser Schule ist unsere Vonwald-Schule reich, sind unsere Kinder „Elite“, obwohl auch sie zuhause in einer Lehmhütte wohnen mit analphabetischen Eltern oder gar als Waisen bei der Oma aufwachsen. Reich und arm sind also immer relativ.

Und nun haben unsere Lehrer begonnen, den Kindern davon zu erzählen, dass „Mama“ – das bin ich, Gabi Vonwald – wieder hilft und Schule baut. Und Fotos gezeigt von den Kindern, die da am Boden oder auf Steinen sitzen. Und gerade erzählt mir unser Schuldirektor, die Kinder hätten vorgeschlagen, etwas abzugeben. Und zwar nicht nur Spielsachen oder Stofftiere, die haben wir am Samstag schon verteilt, sondern sehr berührend. Wirklich teilen, verzichten, „Opfer“ bringen.

Eine Klasse war Freitag auf Schulausflug und als Abschluss nach Zoobesuch und Jause in einem sehr bescheidenen „Vergnügungspark“, also einmal Karussell fahren. Und alle sagen jetzt, das machen wir nicht mehr, das Geld geben wir den anderen Kindern, unseren Brüdern und Schwestern in dieser Schule, bescheidenere Ausflüge, können wir nicht ein bisschen weniger essen damit die anderen satt werden?

Mich rührt das zu Tränen.

Und gleichzeitig gibt es hier bei uns Postings – was gehen mich Kinder in Afrika an, wir haben hier auch Armut (gegen die man ebensowenig aktiv was unternimmt). Oder – dafür sollte ja die Regierung zuständig sein. Oder eine Diskussion darüber, wie verwerflich es ist, dass da mangelernährte Kinder ein Ei pro Woche bekommen, die armen Hühner.

Ich spende neben „meinem“ Kenia-Projekt in den österreichischen und internationalen Tierschutz, an eine Organisation, die eine selten Kinderkrankheit erforscht und an eine deutsche Seniorenhilfsorganisation, damit alte Menschen keine Flaschen sammeln müssen. Das alles wäre Sache unserer Regierungen, ich zahle, was Steuer betrifft, ordentlich in den Topf. Aber Hilfe, echte von Herzen kommende Hilfe, ist niemals und nirgendwo Sache von anderen, sondern immer nur von einem selbst. Helfen kann man nicht delegieren.

Ich erzähle mal eine fiktive Geschichte:

Jemand hier hat ein Kind, das plötzlich erkrankt, einen Unfall hat, seltene Krankheit mit teurem Medikament, das einzige, das helfen würde. Oder das Kind braucht einen speziellen Rollstuhl. Oder eine OP. Und man rennt von Pontius zu Pilatus und alle Behörden sagen – übernehmen wir nicht.

Und man macht einen Aufruf – Facebook, Youtube, Instagram – bitte helft mit eurer Spende.

Und dann posten Menschen drunter – das ist doch Sache der Regierung, der Krankenkasse, was geht mich dein Kind an.

Einfach mal zum Nachdenken. Und ich bin stolz auf meine Kids. Sie sind nur äußerlich arm und das lässt sich ändern.

Gabriela Vonwald